2. Woche

7. Tag         Malmö Linhamn Hafentag

Da aufgrund der Wettervorhersage und der wegen der Bootsmesse belegten Häfen relativ schnell klar ist, dass wir noch einen Tag bleiben werden, schlafen wir mal richtig aus! Was nicht länger als 8 Uhr morgens (mitteleuropäischer Sommerzeit) bedeutet.

Endlich gibt es mal ein Continental Breakfast mit Spiegeleiern aus ökologischem Anbau. Da es wirklich richtig regnet, bleibt Zeit um die Erlebnisse der ersten Wochen schriftlich und für die Nachwelt fest zu halten. Andreas bastelt daran, die unsere gesegelten Routen im Internet abzubilden. So vergeht der Samstag fast wie im Fluge. Nachmittags heitert es auf, nachmittags können wir sogar noch draußen hocken.

Zum Abendessen gibt es ganz frischen Schwertfisch mit süßsaurem Gurkensalat! Lecker! Nach einem Absacker im Cockpit geht es in die Kojen. Morgen wird endlich wieder in See gestochen.

 

8. Tag     Malmö Linhamn – Helsingborg Raa

Und tatsächlich die Sonne weckt uns zeitig und nach einem leichten Frühstück legen wir ab, Richtung Helsingborg Raa, wo wir den Werfthafen anlaufen sollen. Bis dahin treibt uns eine frische Brise gut voran, wir segeln an der Insel Ven vorbei, können wunderbare Landschaften am Öresund wahrnehmen. Die Sonne scheint und es ist wie Urlaub! Wir nähern uns zügig unserem heutigen Ziel und machen fest im Werfthafen, da ja der Ölwechsel droht. Die kleine Hafenstadt ist ganz niedlich, der Liegeplatz nicht so der Burner. Wir machen noch eine Runde durch den Ort, es brist noch weiter auf und wir liegen doch sehr sicher in unserem „Privathafen“.

Nach der Rückkehr aufs Bötchen wird Kartoffelsalat vorbereitet, dazu werden fangfrische Schollen gereicht. Dann wird noch ein wenig gelesen, bis uns die Augen wieder früh zufallen.

 

9.Tag            Helsingborg Raa- Gilleleje

Heute sind wir vor dem Wecker wach, da die Werft schon sehr zeitig ihre Maschinen anschmeißt. Wir können grade noch frühstücken, da rücken uns zwei schwedische Mechaniker auf die Pelle. Der Ölwechsel ist schnell durchgeführt, dann gibt es auch noch das neue Ventil, welches die nasse Bilge verhindern soll und hoffentlich wird.

Wir legen gegen 11 Uhr ab und stechen gleich in eine recht bewegte See, das Segelsetzen ist kein Zuckerschlecken, aber der Ämterhäufende meistert dies hervorragend. Vorm Wind geht es wieder sehr schnell voran, einzig die vielen Fähren, die zwischen Helsingborg und Helsingör ständig hin- und herfahren, stellen für uns ein kleines Hindernis dar, sie haben halt Vorfahrt und nehmen auch keine Rücksicht auf irgendwelche Freizeitkapitäne.

Diese Klippe meistern wir dann auch und nichts steht uns mehr im Wege, über recht hohe Wellen surfen wir weiter nach Norden. Unser Zielhafen ist Gilleleje, der nördlichste Hafen auf Seeland, von dort laufen noch viele Fischerboote ins Kattegat und ins Nordmeer zum Fischfang aus.

Gegen 14.30 Uhr sind wir vor der Hafeneinfahrt, große Wellen machen uns die Einfahrt nicht einfacher, außerdem spinnt mal wieder das Echolot: im Wasser schwimmendes Seegras lässt zu geringe Tiefen im Display vermelden. Das macht die Steuerfrau natürlich etwas nervös.

Im Hafen drehen wir erstmal eine Orientierungsrunde, ich hab schon meinen Lieblingsplatz erspäht, aber Andreas will zunächst einmal weiterschauen.

Als sich nichts Besseres ergibt, nehmen wir dann doch meinen Favoriten ins Visier. Da ist doch tatsächlich schon ein freundlicher Nachbarlieger am Steg und winkt uns ein. ( Follow  me!)

Der Platz ist wirklich optimal, der Anleger klappt super und der nette Nachbar kommt auch aus dem Pott ( Mülheim). Ist denn dort niemand mehr, sind die alle auf der Ostsee? Neben der Hafenmeisterei gibt es einen Fischhändler und Andreas bringt frischen Dorsch mit, den wir zu dem restlichen Kartoffelsalat im Cockpit servieren.

In der Nacht frischt der Wind extrem auf, da benötigen wir keinen aktuellen Wetterbericht, um fest zu stellen, es wird ein Hafentag…

 

10. Tag          Gilleleje  Hafentag

Tatsächlich bläst ein starker Wind, die Sonne scheint, wir bleiben im Hafen. Nach einem gemütlichen Frühstück, erkunden wir den niedlichen kleinen Hafen und Fischerort. Gleichzeitig entern wir noch einen Supermarkt, um ein paar aufgebrauchte Vorräte wieder nach zu kaufen.

Den Nachmittag verbringen wir dann mit der weiteren Törnplanung und lesend in der Sonne im Cockpit.

Abends gibt es dann total leckere Schollen, fangfrisch vom Kutter mit Gurkensalat.

Und morgen wollen wir in den Isefjord eintauchen, nach Rörvig.

Der Isefjord ist das nördliche Binnenmeer von Seeland, in Zeiten der deutschen Besatzung im zweiten Weltkrieg war das ein abgesperrtes Gebiet, das einzige, wo die Dänen Wassersport betreiben durften.

Wir fallen nicht zu spät in die Betten, morgen ist wieder früh Tag

 

11. Tag                  Gilleleje- Rörvig

Der Wind hat über Nacht merklich nach gelassen, die Sonne scheint schon früh in die Luken und eine gewisse Hektik im Hafen macht sich breit. Viele „Seefahrer“ lagen bereits fünf Tage im Hafen fest und sitzen jetzt natürlich wie auf heißen Kohlen und wollen wieder Meilen machen. Auch wir sind recht zeitig auf  und schmeißen die Leinen los.

Vor dem Hafen steht noch recht starker Schwell, danach wird es jedoch merklich ruhiger, leider schläft der Wind fast ein. Wir versuchen, es immer mal wieder mit Segeln, müssen zwischendurch aber immer auch den Motor zu Hilfe nehmen.

Dafür scheint die Sonne vom blauen Himmel und wir können die traumhaft schöne Küste und die dort stehenden Häuser bewundern.

Ab und an begegnen wir anderen Segelschiffen oder Motorbooten, sonst gleiten wir einfach friedlich auf unseren Zielhafen zu. Dafür müssen wir noch eine schmale Fahrrinne im Isefjord passieren und schon werden die Leinen und Fender klar gemacht zum Anlegen.

Der Hafen liegt idyllisch mitten in schönster Landschaft. Und es gibt reichlich freie Plätze!

Das Anlegemanöver klappt ganz gut, obwohl die luvwärtige Achterleine sich in den Fendern verhakt und eine Vorleine im Wasser landet. Aber wir bleiben einfach ganz cool und schon bald gibt es den wohlverdienten Anlegerschluck aus der Pulle!

Dann wird nur noch das Schiff mit Süßwasser vom Salzwasser befreit. Das machen wir ebenso mit uns, unter der mittlerweile problemlos funktionierenden Borddusche.

Danach gibt es wohlschmeckende, zarteste Karbonaden von glücklichen, dänischen Schweinen mit Erbsen und Möhren, ganz profan von Aldi aus der Dose.

Und noch ganz lange genießen wir den lauen Sommerabend im Freien.

 

12. Tag          Rörvig- Ballen ( Samsö)

Bereits in der Nacht bemerken wir am Klappern der Fallen am Schiff, dass der Wind deutlich aufgefrischt hat. Dann können wir ja wieder Tempo machen!

Und tatsächlich, es hat 4- 5 Windstärken. Nur ungern verlassen wir diesen traumhaft schönen Hafen. Wir kommen sicher noch mal hier vorbei.

Bereits nach der Hafeneinfahrt erwartet uns eine hohe Welle von vorn.

Erstmal kämpfen wir gegen an, dann knickt die Fahrrinne ab und wir können Segel setzen, nun haben wir achterlichen Wind und rauschen mit guten 7 Knoten durch das betonnte Fahrwasser, an Hundested vorbei, auf das Kattegat, das offene Meer zu.

Wir treffen einige deutsche Segler, die den Weg unter der Küste wählen, erstmal deutlich schneller voran kommen. Wir fahren viel weiter hinaus aufs Meer, haben einen weiteren Weg, sind aber deutlich schneller. ( eine Fernregatta, endlich mal)

Wir sausen sehr zügig dahin, kommen durch ein Nadelöhr zwischen Untiefen vor Odden Havn hindurch, danach geht es hoch Wind in rasanter Fahrt weiter. Das ist traumhaftes Segeln, bei Sonne und optimalem Wind.

Alles klappt prima und auch die Steuerfrau ist nicht mehr vom Ruder weg zu bekommen. Fast läuft alles viel zu gut, was soll ich denn nur in meinen Berichten schreiben? Gut, ich könnte schreiben, dass Schnellfähren, die wirklich irre schnell mit 36 Knoten (ca. 70 km/Std) zwischen Arhus und Odden Havn unterwegs sind, auf uns zu rasen. Aber wir sehen sie auf dem AIS und sie uns, müßte eigentlich alles klar gehen. Tut es dann natürlich auch.

Dann gibt es doch noch eine spektakuläre Einlage am Ruder.

Andreas ist gerade unter Deck, um Schnittchen für die Vesper hoch zu holen. Als er den Niedergang herauf kommt, sieht er die fliegende Steuerfrau!

Ich weiß nicht, wie mir geschieht, da wir stark krängen und auch die Wellen recht ruppig sind, haut mich irgend etwas von den Socken, ich hänge am Ruder, lasse es auch ums Verrecken nicht los! Wache ist Wache! Allerdings dreht das Ruder mitsamt Schiff an den Wind und ich flattere wirklich waagerecht daran, die Füße im Wind, wie ein drittes Segel.

Andreas macht große Augen, das Spektakel ist aber schnell vorbei, ich lande unsanft im Cockpit auf der linken Schulter und auf der Schläfe.

Das nenn ich vollen Einsatz! Und endlich mal wieder Action!

Danach geht es ohne besondere Vorkommnisse auf Ballen, den Hafen auf Samsö zu. Wir bergen die Segel, was bei dem Wind und besonders bei der Welle, ein akrobatisches Erlebnis ist. Aber auch das meistern wir im Team.

Im Hafen sieht es wieder sehr gut gefüllt aus, auf der Suche nach einem Liegeplatz kreisen wir erstmal, um ein schönes und passendes Plätzchen zu finden. Ich bemerke da schon, dass das Echolot völlig ausrastet, statt der Tiefe um 3 m, zeigt es Werte zwischen 99m und    -99m. Trägt natürlich auch nicht zur inneren Entspannung bei. Aber wir wollten ja etwas Aufregung. Die Box zum Parken ist dann ausgemacht, wir gehen neben die „Heifisch“, eine große Hanseyacht mit zwei Männern und drei Kids an Bord.

Der Anleger klappt gut, um die Logge kümmern wir uns später. Als ich an den letzten Leinen zurre, kommt ein älteres Paar von einem benachbarten Schiff vorbei. Er geht an Gehhilfen, sie drei Meter hinter ihm. Er kann es sich nicht verkneifen, mir zu sagen: „ Perfekter Anleger, für eine Frau!“ Klasse, auch hier braucht es ganz dringend eine Frauenbeauftragte.

Die Logge hat sich immer noch nicht beruhigt und gibt märchenhafte Zahlen von sich.

Was sich als ganz blöd und nachteilhaft erweist, ist allerdings, dass sich absolut keine GPS Daten mehr in die elektronischen Seekarten übertragen lassen. Das ist arg dumm, dann müssten wir halt mit den guten alten Papierkarten navigieren- nur so ohne Echolot und Tiefenangabe, das ist eine wahre Herausforderung!

Andreas probiert noch das eine oder andere trickreiche Manöver am PC, ohne positives Ergebnis.

Jetzt ist also wieder Spannung pur, wie geht es weiter? Die Nacht bringt keine Lösung. Aber die SEP ( Selbsterfüllende Prophezeiung) hat wieder voll zugeschlagen.

 

13. Tag          Ballen ( Samsö)- Aebelö

Heute morgen sind wir rechtzeitig startklar, die ausrastenden Systeme müssen wir doch wieder zum Laufen gebracht werden.

Nach dem Ablegen tuckern wir erstmal zum Dieselbunkern an die Tanke. Auf dem Weg dorthin beruhigt sich die Logge wieder und sagt realistische Werte an, auch die elektronische Seekarte ist wieder fit!

Gott sei Dank, dann müssen wir ja nicht nach den Sternen navigieren!

Nach dem Tanken geht es Richtung Juelsminde, der Wind bläst mäßig, aber unsere Susann macht daraus ein flotte Fahrt, vorbei an der Südküste von Samsö, am südlich gelegenen Windpark, Richtung Jütland, dem Festland Dänemarks.

Kurzfristig entscheiden wir uns anders, wir laufen auf Aebelö zu, eine Halbinsel, nördlich von Fünen, wir wollen endlich mal ankern!

Juchhu, das ist ein ähnliches Trauma auslösendes Wort, wie „Wir hissen den Gennaker“

Also rein in die Bucht, es gibt sogar Ankerbojen, dann können wir den Anker im Kasten lassen! Wir machen an der Boje fest und sind die einzigen in diesem Paradies. Vor uns die Insel, wir dümpeln sanft in der Dünung. Die Sonne versinkt langsam kitschig hinter der Insel und den Bäumen.

Gerade als ich dusche, passiert es: eine Armada von Schiffen rollt an und will in „UNSERE“ Bucht, das geht doch gar nicht. Andererseits wieder etwas Kino, für TV Entwöhnte Seelen.

Wir genießen unsere aufgewärmten Spaghettis im Cockpit und der Sonnenuntergang wird immer kitschiger. Unser Nachbarlieger, ein Däne mit großer Bavaria, Frau und Hund und roten Dingi, muss natürlich den Außenborder anschmeißen und stört die friedvolle Stille des Abends. Klar, typisch Mann, kennste einen, kennste alle. Das Gleiche hatte ich vor etwa einem Jahr, als mein Ämterhäufender, laut knatternd um die Schären bretterte…

Diesmal verendet der Motor dort prompt und Ruhe kehrt ein. Heureka! Leider bastelt der Mann weiter und der Außenborder brummt bald wieder. Nach einem schnellen Häppchen werden Frauchen und Hundchen ins knallrote Gummiboot verladen, zum Landgang. Zunächst rattert das Bötchen flott dahin, dann wieder gnädige Stille. Im stillen Einernehmen nehmen die beiden, wunderbar zu sehen vor der Abendröte, die Paddel raus und gleiten im Gleichtakt auf die Insel zu, damit Hundi Kacki machen kann.

Dann überschlagen sich in unserer einsamen Bucht die Ereignisse: Der Gummibootmann hat dieses erfolgreich Instand gesetzt und knattert mit seiner Crew durch die Abendstille zurück zum Boot.

Von anderer Seite nähert sich ein dänisches Segelschiff und hält direkt auf uns zu. Wir hatten doch keinen Pizzaservice angerufen?

Er kommt näher und fragt, ob er bei uns längsseits oder hinten anlegen soll? HÄ? Was will der denn? Kommt ohne Anker in eine Ankerbucht und macht dann auf Mitleid? Naja, man kann sich im Gastland ja nicht so unfreundlich benehmen und wir sagen, dann besser hinten anlegen.

Natürlich ist uns nicht wohl dabei.

Wir gehen ins Bett und in der ersten Tiefschlafphase weckt uns ein lautes Krachen.

Na toll, raus aus den Betten und aufs Deck. Wo ist denn uns dänischer Freund? Keiner mehr hinter uns, ist er abgehauen? Nein, unter dem sternenübersäten Himmel, klärt sich die Situation: wir hatten keinen Wind mehr, aber Strömung von hinten, unser Boot trieb auf die Ankerboje zu und der Däne überholte uns von hinten und lag dann parallel zu uns, die Boje dazwischen. So will er dann längs bei uns festmachen. Das wollen wir aber nicht, dann kratzt und schabbert doch sein Boot ständig an unserem. Da nutzen auch alle Fender nichts.

In unseren Nachthemden geistern wir im Mondenschein Gespenstern gleich übers Schiff. Der ämterhäufende Ankerlieger rutscht auch noch auf dem Teakdeck aus und setzt sich hart auf seinen Mors, was die bilateralen Beziehungen zu Dänemark nicht wirklich verbessert.

Endergebnis ist, dass wir die Leinen von den Dänen losschmeißen und ihnen sagen: „ es ist etwas faul im Staate Dänemark“ ( Shakespeare).

Uns wird noch mitgeteilt, dass sowieso nur Dänen an dänischen Ankerbojen ankern dürfen. Ist klar, das müssen wir uns merken!

Der olle Däne tuckert weg, holt in aller Ruhe seinen Anker raus und ankert dann in der Bucht.

Er wollte wohl seinen Anker nicht schmutzig machen.

Die Nacht war dann gelaufen, das Adrenalin in unseren Adern ließ uns nicht zur Ruhe kommen und bei jedem Rucken des Schiffes waren wir wieder Bord, da ja eventuell feindliche Revanchen zu erwarten waren.

Cool, endlich wieder Spannung auf diesem Törn!

===> Fotos

 

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