1. Woche

1. Tag (02.06.08) Neustadt-Heiligenhafen
Wind NO 4-5 Bft, anfangs bewölkt später wolkenlos, 20°C, die Frisur hält!  Lage: Endlich geht es los

Nun ist es also soweit, worauf wir uns solange vorbereitet haben: wir gehen auf “große ” Fahrt. Haus und Hof sind bestellt und überstehen hoffentlich die aktuelle Hitze- und Trockenperiode.

In den letzten beiden Wochen haben wir bereits so ziemlich alles an Bord geschafft, was man(n) und auch Frau so alles benötigen. Und natürlich auch noch einige ( gefühlte) Tonnen Kartenmaterial und Hafenhandbücher, von der mitgeführten “trivial” Literatur ( z.B. Thriller) ganz zu schweigen. Unsere Klamotten hängen säuberlich in den Schränken und sind für jede Wetterlage zu gebrauchen ( von -20°C bis +40°C). Wir hoffen natürlich auf kuschelige 24°C und nur Sonne bei 4-5 Windstärken aus der richtigen Richtung. Am gestrigen Sonntag haben wir dann noch die verderblichen Lebensmittel und Obst und Gemüse an Bord gebracht, den Kühlschrank auf “volle Pulle” gedreht und auch das eine oder andere Döschen Bier auf Eis gelegt.

Am Montag um 8h starten wir Zuhause, Susanns Bruder Gerd fährt uns nach Neustadt. Letzte Vorbereitungen an Bord, dann noch ein Ableger ( Ramazotti, was sonst? Grüsse an alle, die diese Prozedur schon über sich ergehen lassen mussten!!) mit Gerd und der Abschied naht.

Wir legen ab, ein einsamer Winker wird am Steg zurück gelassen und es wird nun richtig ernst. Wir geniessen das Auslaufen unter dem Aspekt, dass wir wirklich erst in ca. 4 Monaten hierher zurückkehren werden. Das Wetter ist sommerlich und der Himmel wird schliesslich wolkenlos aufklaren. Bei einer schönen Brise aus Nord-Ost von 4 Windstärken, steuern wir zunächst Kurs Wismarer Bucht, dann wenden wir und steuern ganz direkt Kurs Fehmarnsund Brücke. Gegen 17h machen wir in Heiligenhafen an unserem Lieblingssteg (Steg 12) fest. Da Andreas noch den PC flottmachen muss, bleiben wir abends daheim, es gibt Basmati Reis mit Frühlingszwiebeln, Champignons und Tomaten. Lecker. Dann noch ein Sundowner vor herrlicher, fast schon kitschiger Kulisse und ab in die Koje zur Vorbereitung auf den nächsten Tag.  Punkt, Punkt für alle Insider!

2. und 3. Tag (03.06.08-04.06.08)Heiligenhafen-Heiligenhafen
 

Wind O 6 Bft, Böen 7-8 Bft wolkenlos, 20°C, die Frisur sitzt noch immer    Lage: Ernst, aber nicht nicht aussichtslos

Heute hat der Wind aufgefrischt, aber die Sonne scheint schon zeitig durch die Luken und weckt uns auf. Erstes Frühstück an Bord, dann wird alles klar gemacht zum Auslaufen. Im Hafen spürt man schon deutlich den stärkeren Wind. Aber der blaue Himmel und die Sonne versöhnen. Schon in der Fahrrinne setzen wir das Grosssegel, dann mit Kurs auf Flügger Sand auch die Fock. Da der Wind recht heftig pfeift, reffen wir dann doch ziemlich bald ( eigentlich fast sofort!), dann segeln wir mit viel Krängung zügig voran. Da im weiteren Verlauf zunehmende Windstärken annonciert werden, entscheiden wir uns ein Schlechtwettertraining durch zu führen und Dänemark noch nicht anzusteuern. Bei 1.5m Wellen und starkem Wind (in Böen 7-8 Bft), üben wir Reffen und Wenden. Da alles so gut klappt, kehren wir guten Mutes nach Heiligenhafen zurück. Dort wird noch ein wenig geshopt und es gibt abends fangfrischen Dorsch und Schmorgurken. Danach ein windiger, sandiger Spaziergang auf dem idyllischen Graswarder (Naturschutzgebiet ). Dann Matratzenhorchdienst.

Am Mittwoch dann immer noch viel Wind und Welle, also noch mal den Ernstfall proben und nachmittags ein wenig Sonne einfangen. Das ist bei dem Wind schwer, denn selbst in der Sonne muss man sich warm einpacken. Das glaubt man nicht. Abends dann frischeste Schollen vom Kutter. Morgen starten wir endlich in Richtung Dänemark, die Wettervorhersage sieht ganz positiv aus.

Die Bettruhe naht jetzt gegen 22h!

4. Tag (05.06.08)Heiligenhafen-Spodsbjerg

Wind NO 5 Bft, Böen 6 Bft wolkenlos, 24°C, die Frisur sitzt noch immer

Lage: super, besser geht nicht

Schon morgens früh weckte uns die Sonne und herrlich blauer Himmel.
Klar, dass uns nichts in den Kojen hielt. Nach dem Frühstück ( keine Körner Brötchen!),schnell alle Leinen einsammeln, den Strom abkabeln und  ablegen. Der Wind weht immer noch Nord Ost mit 4- 5 Windstärken, aber alles klappt hervorragend.
In der Ausfahrt von Heiligenhafen setzen wir an der Ansteuerungstonne das Großsegel, gleich danach die Fock und dann geht es erst einmal ganz gemächlich Richtung Flügger Sand und Großer Belt. Unser Schiffchen rauscht locker über die blauen Wellen. Auf Höhe der Nordspitze der Insel Fehmarn frischt der Wind auf, die Welle wird höher und wir müssen reffen, da uns die   8,5 Kn Geschwindigkeit, die wir segeln, dann schon förmlich dazu zwingen, die Segelfläche zu verkleinern. Mit weiterhin hoher Geschwindigkeit schweben wir über das Wasser. Andreas und ich stehen abwechselnd am Ruder, die Zeit vergeht wie im Fluge, obwohl wir segeln.

Im Großen Belt türmt sich die Welle dann noch mehr auf (ca. 2m hoch), kommt allerdings unangenehm quer von schräg vorn und der Wind bläst konstant bei 5 Bft.

Wir nähern uns dementsprechend schnell unserem Zielhafen Spodsbjerg auf der Insel Langeland, dort wird es beim Segelbergen und bei der Einfahrt noch mal sehr kabbelig, aber alles klappt super und in einem fast leeren Hafen finden wir einen windgeschützten, in der Abendsonne liegenden  Platz. Das Schiff wird klar gemacht, dann wird gewellnesst (Adieu ihr meine Deoroller!).
Auf einem Spaziergang entdecken wir die Beschaulichkeit, die diese Insel, dieses Dorf überall ausstrahlt. Abends gibt es in Anbetracht der nahenden EM, das Otto Rehagel Gedächtnis Essen: Zucchini Kartoffel Pfanne mit griechischen Schafskäse!

Dennoch setzen wir ganz stark auf die LÖW Elf, wenn auch hier im Hafen die Oranjes zahlenmäßig in der Überzahl sind.

Jetzt werden wir hier draussen noch einen tollen Sonnenuntergang geniessen, begleitet von einer Schwanenfamilie mit 3 relativ jungen Küken, die uns immer mal wieder und nicht vergebens (Tschüss  ihr Brotvorräte!) besuchen kommen.
Später am Abend sitzen 2 Junge auf dem Rücken eines Elternpaares und lassen sich also per Taxi zum Futterfassen fahren. Cool und Idylle pur.

Langsam geht es in die Ruhephase mit einem kurzen Brainstorming über den morgigen Tag:
Das Wetter soll so toll bleiben, wir ziehen weiter Nordwärts, unser Ziel heisst Korsör ein Hafen vor der Großen Belt Brücke!
 

5. Tag (06.06.08) Spodsbjerg – Korsör ( Seeland)

Wind NO 4 Bft, später 1-2 Bft wolkenlos, 24°C, erst kalt dann heiss

Lage: immer noch blauer Himmel – wolkenlos- Wahnsinn!

Ich mag ja schon gar nicht mehr den ewig blauen Himmel und das tolle Wetter erwähnen, aber das müssen wir und auch unsere geneigten Leser nun mal ertragen.
Heute geht es um 8.30h los. Vor dem Hafen erwarten uns im Sund noch immer eine recht kabbelige See, weiter draussen wird es zunächst etwas ruhiger, dann haben wir wieder eine hohe Welle vorm Bug und Wind mit 4- 5 Bft. aus NO. So queren wir erstmal den Belt, bevor wir unser Tagesziel Korsör direkt angehen. Vorher gibt es noch kleine Reparaturen durch den Sicherheitsbeauftragten und Skipper in Personalunion (Ämterhäufung!) zu erledigen, der Aussenborder unseres Dinghis droht von Bord zu gehen, da müssen die Schrauben nach gezogen werden und zusätzliche Schellen gehören angebracht. Und das alles in totaler Schräglage- eine Herausforderung für Mensch und Material und Steuerfrau!
Nach der Wende wird gerefft und dann geht es todo derecco zur Großen Belt Brücke.
Plötzlich sichten wir ein anderes Segelboot, das sich zügig nähert, es fährt dann auch unseren Kurs: Ein Gegner, eine Regatta ??!!---- das wurde ja auch mal Zeit. Die Steuerfrau macht sich bereit, der Trimmer (und Skipper und Sicherheitsbeauftragte, also Andreas) gibt alles.
Unser Schiffchen läuft lockere 7! (sieben) Knoten bei 4 Bft. Eigentlich nicht sooo schlecht.
Aber das andere Boot zieht locker vorbei. Es hat auch einen blauen Rumpf, ist aber mindestens 50 f lang. Ich sehe in blau und weiß zünftig gewandete, braungebrannte, lockige Jünglinge, die locker auf der hohen Kante hocken und Kaffee schlürfen und nonchalant an uns vorbei sausen.
Meinen Anhalterfinger sehen sie nicht, sicher nur wegen der hohen Geschwindigkeit.
OK, es gibt hoffentlich noch willigere Gegner!

Bei abflauenden Winden haben wir dann eine geruhsame Einfahrt in den Hafen Korsör, vor der imposanten Großen Belt Brücke. Hier ergattern wir eine guten Liegeplatz und dümpeln jetzt um 22h bei milden 22°C im nahenden Sonnenuntergang. Schon phantastisch so etwas live zu erleben!
 

6. Tag (07.06.08) Korsör – Langör ( Samsö)

Lage: lange helle Nächte und himmelblau ab 4 Uhr morgens!

Unter diesen hochsommerlichen Bedingungen starten wir wieder so gegen 8.30 Uhr in den Samstag.
Nach einem lockeren Ableger vom Steg, geht es auf die gigantisch große Brücke zu, unter der wir durchsegeln wollen. Kurzer Schreck in der Morgenstunde, ein Steuerfehler lässt uns fast schon vor der Hafenausfahrt auf Grund laufen. Na ja, wenn man (n) rot und grün nicht unterscheiden kann. Aber kein Problem für die aufmerksame Mitseglerin.
Dann geht es ganz unspektakulär unter dem Jahrhundertbauwerk daher. Der Wind bläst uns mit fröhlichen 4 Bft voran, doch glücklicherweise ein Windhauch mehr als der Wetterbericht versprach!
Geht doch! Allerdings müssen wir die für uns nicht ganz so optimale Windrichtung durch längere Schläge und Kreuzen optimieren, aber für unseren Navigator und Trimmer ( der, der die Ämter häuft) kein Problem, wir sausen mit 5- 6 Knoten dahin.
Kurzfristig müssen wir noch einem Tanker ausweichen, mit dem wir auf Kollisionskurs geraten sind. Wie immer im Leben: Der Klügere gibt nach und wir lenken ein und um!
War wohl besser so, sonst gäbe es keine News mehr aus dem Norden!
Wir entern den Kattegat, ja liebe Leser, es wird rauer! Und sichten die ersten Schweinswale.

Heute leider keine Regatten mit niemanden, da kaum Gegner in unsere Nähe kommen (oder trauen die sich nicht?). Allerdings finden wir (zu) viele Schiffe in unserem Zielhafen Ballen auf Samsö vor. Da geht es zu wie bei Ikea im Sommerschlussverkauf oder wie bei Knut! So haben wir uns den lauschigen Sommerabend nicht vorgestellt. Also Ruder rumgerissen und sofort zurück aufs offene Meer und den nächsten Hafen im Norden der Insel angesteuert.

Langör (hier haben bereits die Wikinger gehaust und damals schon moderne Kanäle für ihre Boote gebaut ) liegt versteckt hinter einer traumhaft schönen Lagune im Naturschutzgebiet. Ergo schmeissen wir die leeren Bierdöschen mal nicht über Bord! Die Ansteuerung ist aber sehr schwierig, gleich neben den Tonnen befinden sich flache Stellen, die Kieselsteine ragen quasi neben dem Boot aus dem Wasser. Cool, aber auch ein wenig nervös machend. Da der Hafen eventuell auch überbucht sein könnte, bereiten wir uns auch auf das Ankern vor. Dann könnte endlich unser Dingi seine Tätigkeit als „Shit“ Shuttle auf nehmen, aber mir wäre eine Dusche nach diesem heissem Tag lieber!

Hurra, nach endlos erscheinendem Tuckern durch die enge Fahrrinne, erreichen wir den Hafen und es ist noch ein Plätzchen frei! Um 20:00 Uhr haben wir dann fest gemacht. Die Hafengebühr zahlen wir beim Hafenmeister, den wir auf einer Grillparty aufstöbern, das ist doch echt nett. Die Dusche fällt dann doch aus, die Sanitäranlagen empfehlen sich nicht für den näheren Kontakt. Ein kleiner Imbiss bei muckeligen 28°C im Cockpit mit unverstellbarem Blick auf den immer noch fernen Sonnenuntergang! Da fehlen einem die Worte, aber die Fotos sprechen für sich! Dann noch die 1. Erkenntnis, dass Lenin gar nicht tot ist, er lebt und ist der „Cheffe“ vom Nachbarschiff und 2., dass die Holländer auch nicht so übel sind, Andreas unterhält sich sogar mit ihnen! Mit diesem Wissen und nach einem Spaziergang fallen wir müde um 23.30h in die Koje!
 

7. Tag (08.06.08) Langör - Grenaa( Jütland)

Lage: Wikinger Feeling ( zur Musik von Bacardi feeling)

Es fällt schwer, nicht vor dem Wecker auf zu wachen und dann raus und los zu wollen.
Wetter kein Kommentar! Ihr daheim und „zurück“ Gebliebenen werdet dann nur neidisch!
Heute stellt sich nach einer Woche auf See bei mir zum ersten Mal das Wikinger Feeling ein (Ungeduscht und eher nach Meer als nach Chanel N° 5 duftend) und auf festem Boden immer der etwas breitere Gang und doch das schwankende Gefühl (auch ohne Alkohol!)
Um 8.30 Uhr starten wir und machen uns heute schon etwas unbesorgter auf den Weg durch das enge Fahrwasser. Die Windvorhersage stimmt heute leider sehr genau: 1-2 Bft, da können wir nur den Motor schaffen lassen. So tuckern wir über das fast schon ölig wirkende Wasser und erledigen so einige Arbeiten oder lesen uns noch etwas ein. Ab und zu müssen wir einer rasanten Katamaran Fähre aus weichen, ansonsten keine Gefahr in Sicht.
Da es dem, der die Ämter häuft dann doch irgendwann langweilig wird, ist es klar, dass der Blister zum Einsatz kommen muss. So sei es denn, wir machen alles klar und hissen den Lappen, aber auch der bringt nicht den ersehnten Geschwindigkeitsschub. Nach einigen Gehampel wird er halt wieder ein- und weggepackt, aber im Logbuch können wir das als Übung deklarieren.

Gegen 15 Uhr nähern wir uns unserem Zielhafen Grenaa. Ein toll modernisierter Hafen mit mediteranem Amibinente!. Nach einem guten Anleger und einer Dusche ( adieu Wikinger Feeling), dreht sich alles nur noch um eins: können wir Digital TV empfangen und das Spiel Deutschland – Polen live schauen?? Auch auf den Nachbarschiffen der Deutschen macht sich eine gewisse Nervosität breit. Aber der, der die Ämter häuft, (jetzt auch IT Spezialist) kriegt auch dies phänomenal hin. Wir haben jetzt ein super Bild, klasse Empfang, nur der Kommentar quasselt dänisch…

Also der Abend ist gerettet, jetzt werden wir ein Public Viewing im Cockpit veranstalten.
Vorher gibt es noch, den heissen Temperaturen angepasst: Spaghetti Aoili, mit Tomaten und Zitronenspalten in Oliven Öl. Schon mal ein Zeichen setzen, dass wir die Italiener nicht nur heute, sondern auch bei der EM verspeisen werden!
 

------> Fotos 2.6.08 - 8.6.08

 

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