6. Woche

36. Tag 01.09.2008 Hohe Düne ( Warnemünde )

Ruhetag, Wind 6- 7 Bft. sonnig

Nach etlichen Recherchen in allen verfügbaren Wetterberichten, beschliessen wir in Warnemünde zu bleiben. Es ist sonnig, der Wind weht kräftig. Wir machen uns stadtfein und setzen mit der Fähre über nach Warnemünde City. Hier tobt um 10 h schon das Leben, es sind noch unglaublich viele Touris da. Da wir heute zum "Perfekten Dinner an Bord" mal wieder Fisch au bâteau bereiten wollen, selektieren wir den frisch angelandeten Dorsch und schlagen dann zu. Den wollen wir doch lieber cito auf Eis legen. Also wieder auf die Navette und aufs Schiff. In der Hafenresidenz Hohe Düne werden gerade Filmaufnahmen gedreht, wir versuchen immer wieder geschickt ins Bild zu laufen, um endlich entdeckt zu werden.

wenig Resonanz! Selber schuld!

Dann haben wir Zeit für den Stadtbummel in Warnemünde, ist immer total quirlig und am schönsten ist es, die promenierenden, schillernden Gestalten zu beobachten.
Da werden so ziemlich alle Klischees und noch mehr abgedeckt.

Jetzt ist es Zeit für ein leckeres Dunkelbier, ich nehme eine Hollunderbowle ( für die Vitaminzufuhr und gegen Skorbut). Danach rücken wir den Fischbuden, hier eher Fischkuttern auf die Pelle: nun einen Bratfisch to go, das wär nicht so übel. Die Mädels auf dem Kutter sind sehr eloquent und reichen schnell das Gewünschte rüber, der Fisch ist so knusprig paniert, da macht die Plaste und Elaste Gabel sofort schlapp. Dann eben die Finger, wenn es nicht mehr so heiss ist. Lecker, so als Starter am Ruhetag! Die Panade nehmen die Enten und Möwen sehr gerne als Futter entgegen.

Im Anschluss machen wir einen Spaziergang auf die Mole, zu den Leuchttürmen, noch ein paar Fotos für die Kalender.  Auf dem Rückweg steuern wir eine Kneipe an, im Kuba Stil,
Bueno Vista Social Club Music, Palmen Sonnenschirme, und Cocktails.  Noch sind wir die einzig bestaunten Exoten mit unseren Cocktails, aber bald ist die Hütte voll.
Apropos voll: nach 3 Bier für den Cheffe und 1 Daiquiri und einem Gin Fizz für mich, ist es Zeit für den Heimweg.
Der Fährmann setzt uns über, die Filmdrehs laufen immer noch, aber kein Casting für uns mehr möglich.
Dann noch die tollste Entdeckung: Es gibt nicht nur die zentralen supertollen Sanitäranlagen, nein: seit Anfang September gibt es auf unserem Steg ( D) ein solches Haus mit 16 Privatbädern und 6 WCs. Unglaublich, alles ist vom Feinsten, Kacheln, Fliesen, Sanitärobjekte. Fussbodenheizung überall. Wenn Segeln so geht, dann bin ich absolut begeistert.
Es fällt schwer, das eigene Badezimmer zu verlassen, irgendwann muss es sein....

Nun wäre es schön, wenn noch ein Koch für das perfekte Dinner gestellt   würde, der dann auch noch spült, dann würde ich hier einziehen.
Nee, den gibt es noch nicht im Angebot, also selber machen:

Auf der Speisekarte steht heute:
Avocado mit in Dill, Zwiebeln und Olivenöl süßsauer marinierten Grönlandshrimps, danach den fangfrischen Dorsch mit Schmorgurken in Dillrahm.

Nach dem Dinner sitzen wir noch zum Absacker im Cockpit, hören den Warnemünde Traffic Funk ab. Hier geht es zur Sache, viele Schiffe laufen ein, legen ab, Taucherarbeiten an Prins Joachim ( Fähre nach Gedser). Dann werden auch noch auf Grund gelaufene Segler auf dem Touristendreieck an Tonne 25 sarkastisch gemeldet. Der Schlepper ist für teuer Geld schon im Anmarsch! Es macht echt Spaß zu verfolgen wie erst im Funk und dann live die Schiffe, wenn sie denn freikommen, an unserem Liegeplatz vorbeiziehen. Irgendwann gehen WIR Lotsen von Bord. Kanal 73 wird schlafen geschickt, morgen wollen wir weiter westwärts ziehen ( Go West!)

 

37. Tag  02.09.2008  Hohe Düne - Timmendorf ( Poel) und 03.09.2008 Timmendorf ( Hafentag)

sonnig, 4-5 Bft, 1 m Welle, 42 sm

Wir stehen früh auf und sehen erstaunt, dass in der Nacht noch zwei riesige Kreuzfahrer festgemacht haben ( die AIDA Bella und die Carnival Spendour) und auch noch ein "kleineres" Schiffchen daneben. Hätten wir mal weiter Kanal 73 gehört, da hätten wir vielleicht noch was um dirigieren können. Ok, zu spät, wir laufen aus, queren die Fahrrinne, danach setzen wir Segel. Wir segeln hart am Wind, da dieser heute etwas indifferent umher dreht, müssen wir ab und an den Kurs ändern. No Problem. Aber wir machen flotte Fahrt, kurz vor unserem Ziel streichen wir die Segel, der Wind bläst zu heftig und von gegenan.

Wir steuern Timmendorf auf Poel an, obwohl das Hafenhandbuch sagt, dass dieser Hafen bei Südwestwinden nicht zu empfehlen ist. Never the less, wir lieben diesen romantischen Hafen und wollen hier Abschied von den tollen, hinter uns liegenden 6 Wochen, nehmen. Freie Plätze gibt es genug, aber selbst im Hafen schlagen die Wellen hoch. Der Anleger klappt gut, wir liegen neben einer großen "Schwester", einer 43 er Grand Soleil. Backbords liegt noch ein eben angelandeter Einhandsegler. Der wird vom Hafenmeister umquartiert, denn der unangenehme Wind und Schwell nimmt zu. Wir und vor allem, der Sicherheitsbeauftragte und Leinenleger, tritt in Aktion und kann sich endlich mal wieder mit sämtlichen, verfügbaren Tauwerk verwirklichen. Letzt endlich bringen wir wirklich alle mitgebrachten Leinen aus. Wer hat, der hat. Aber man muss auch fair sein: besser ist es.

Wir nehmen dann noch eine schnelle Dusche in nicht so sensationellen Sanitäranlagen. Danach essen wir auswärts. Heute wird uns eingelegter Brathering mit Bratkartoffeln empfohlen. Und das ist der Burner, super lecker. Wir werden es weiter empfehlen. Zurück an Bord zünden wir die Petroleumlampe an und  gucken in den Sternenhimmel, Sternenhimmel oho.!

Neue deutsche Welle hin und her: wir holen den ollen Udo L. aus dem Regal und drehen die Anlage voll auf, hört ja keiner, bei dem Sturm. Und sollen die Schwachmaten doch raten!

Der Wind nimmt zu und rüttelt an unserem Schiffchen. Nachts werden wir häufiger wach, weil es an den Tauen zurrt und zerrt und mächtig ruckt. Aber alles hält, wir sind geschafft.

Morgens gibt es ein ausgiebigeres Frühstück. Der Wetterbericht spricht von Wind 7- 8 Bft, da bleiben wir im Hafen, auch wenn der nicht geschützt ist! Die frischen Brötchen sind nicht so hype! Dann gehen wir an Land und laufen unten an der Steilküste herum, echt faszinierend, manch frische Abbrüche scheinen recht aktuell. Lieber einen Zahn zu legen, damit nicht wieder wer verunfallt.  Dann wird die Küste flacher und geht über in silbrigen Sandstrand. Hier gehen wir dann zurück. Das tolle ist, das verletzte Knie ist jetzt auf jedem Gelände total belastbar und macht alles mit. Danke, Herr Kerwer.         (www.parklinikmanhagen.de) . Wir relaxen noch ein wenig an Bord. Dann läuft noch ein Schiffchen ein. Eine 37 er Gib Sea. Ein Mädel am Steuer- ich feuere sie innerlich an - mit drei knackigen Jungs an den Festmachern. Das müsste doch hinhauen! Das Schiff steuert zügig durch den Hafen den Liegeplatz an. Andreas geht die Leinen annehmen, ich bleib an Bord. Hab den gelben Schein! Ich drück der Skipperin alle Daumen, aber die fährt konsequent weiter mit 2 Knoten in Box.

Ungebremst geht es auf den Steg, der wie wir den Hafeninfos entnehmen 1994 aus Eiche und Lärche gebaut wurde. Daher ist der Schaden dann nicht so groß, zumindest an der Pier.
Glück hatte nur der Junge, der am Bugkorb den Fuss raushielt, um die 37 er Gib Sea ( "Grisu" ) zu bremsen. Das hätte durch aus schief gehen können. Und in einer Amputation enden können.

Heute ist früh Schicht im Schacht, denn morgen wollen wir sehr zeitig starten.
Dann hauen wir uns in die Koje und das Schiff schwingt hin und her und ruckt heftig in den Seilen...
Dennoch versuchen wir zu schlafen, das rütteln und schütteln hindert uns ein wenig daran.

 

38. Tag 03.09.2008 Timmendorf - Neustadt

sonnig, 5- 6 Bft, starke Böen, 1,5m Welle, 25 sm

Nach der (äusserlich) heftigen Nacht, klingelt der Wecker um 6.30h. Wach sind wir auf Grund des Gerumpels schon eher, die Augen wollen sich nicht wirklich öffnen, aber der Plan steht und wird ausgeführt, da gibt es nichts!

Ein echt grauer Morgen, ich quäle mich aus der Koje. Und sofort und direkt und dennoch unwillig ins Schwerwetterzeug. Der Wind hat sich noch immer nicht beruhigt. Und wenn es im HAFEN Schaumkronen hat, nun ja, da ist die          ( weibliche, sensible ) Psyche etwas überlastet. Dennoch, wir wollen los:

Erstmal alle überflüssigen Leinen bergen - das dauert schon mal eine gewisse Zeit - dann Vollgas rückwärts aus der Box, anders wäre es bei dem Wind und der Welle von hinten nicht gegangen. Ausserhalb des Hafens bläst es noch recht munter, aber der Wind von zunächst 120 °, lässt uns zügig alles Tuch raus zerren. Dann segeln wir munter dahin. Später ändern wir minimal den Kurs und können höher am Wind dahin gleiten.

Der Himmel ist blau, die Sonne strahlt. Kurzzeitig sind wir auf Kollisionskurs mit zwei Travemünde anlaufenden, grossen Fähren. Der Kapitän der ersteren hat voll den Durchblick und ein Herz für, in schwerer See, steuernde Freizeitkapitäne und weicht uns großzügig aus, ohne dass wir manövrieren müssen. Rückblickend denke ich, dass es eine Kapitän(in) gewesen sein muss. Bei dem Durch- und Weitblick!  Die zweite Fähre geht uns im wahrsten Sinne des Wortes am "Arsch" vorbei. Alles in Butter! Die letzten Seemeilen fliegen nur so dahin. Schwupps sehen wir alle uns, im Schlaf bekannten, Peilmarken, wie der Tower von Pelzerhaken, die Skyline von Sierksdorf und unsere Schornsteine der Müllverbrennungsanlage in Neustadt. Vor dem Einlaufen in die Fahrrinne bergen wir die Segel, dann darf Käpt'n Desaster die Leinen und Fender aus bringen. Vorerst ist das Ende dieses Stresses in Sicht! ( Kenn ich aus meinen, an den Leinen aktiven Jahren, nach dem Segeln war zwingend Urlaub erforderlich!) Insofern ist mein Verständnis für leichtes Schwächeln und Zeit schinden, zum Erholen, ziemlich gross.

Kurz vor unserer Box, nehmen wir am Kran zwei kreischende Menschen wahr. Watt ist denn datt? Die erste Welle von unseren Fans, die uns hier erwartet. Wow, mit soviel Bekanntheit hätten wir nicht gerechnet. Allerdings mal Butter bei die Fische: die restlichen 10000 Fans hat man anscheinend dann nicht mehr zu uns vorgelassen. Macht nichts, unsere Autogrammkarten haben wir eh verbraucht. Auf jeden Fall können wir unsere zwei Fans als Mischi und Karl- Heinz, unsere Liegeplatznachbarn, identifizieren. Wir legen an in unserer Heimatbox und kaum sind wir fest, entert unser Fan Club den Steg. Sie bitten an Bord kommen zu dürfen, die gut gekühlte Flasche Sekt lassen wir als Legitimation und Boarding Card gelten.

Gerne sitzen wir mit den beiden im Sonnenschein im Cockpit und tauschen den Klatsch und Tratsch und die Erlebnisse der letzten Wochen aus. Da Mischi und Karl- Heinz unsere Internet Berichte und die Online Route verfolgt haben, sind sie bestens informiert. 5 Sterne für diesen Fleiss! Nachdem wir wieder allein sind, raffen wir nur das Nötigste zusammen, wie Schmutzwäsche, restliche Lebensmittel. Im Gegensatz zu früher, wo jede Reise mit zwanghafter Grundreinigung innen und aussen Bords nervig endete, suchen wir heute den entspannten Abgang. Erstaunlich, wenn auch mit ein wenig schlechtem Gewissen verlassen wir das ( nicht sinkende ) Schiff. In Neustadt bevorraten wir uns noch bei Fisch Kriedemann mit dem besten Räucherfisch aller Zeiten ein, dann laufen wir Kurs Ahrensburg.

Allen, dem Wasch- und Putzzwang erlegenen, geneigten Leserinnen ( weiblich- ganz klar!) sei gesagt, dass die Putzarie des Schiffes bereits vermarktet wurde. Ausstrahlung irgendwann auf RTL2 - " Die Putzteufel"!
 

----> Fotos 01.09 - 04.09

 

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