Bolti-Läsö

Die dänische Küste hoch bis Laeso

Heute beginnt nun endlich unsere Berichterstattung über unseren Törn

1. Tag   Dienstag, 1.6.2010

Boltenhagen – Heiligenhafen,   35 sm

Unverhofftes Treffen mit einem zweiten Schalke- Fan

Nachdem wir gestern Morgen unsere Augen in froher Erwartung auf Sonne und blauen Himmel aufschlugen, war die Enttäuschung doch sehr groß: Es war eher dunkelgrau und der Regen prasselte aufs Deck. Dementsprechend war die Depression vorprogrammiert und wir blieben erstmal frustriert in unserem Heimathafen.

Heute Morgen sieht es zwar auch nicht viel besser aus, aber, es hilft ja nix, wir erheben unsere Astralkörper und machen uns start- und segelklar. Nach einem kurzen Frühstück verabschieden wir uns für eine lange Zeit von Boltenhagen. Diesmal verschwinden wir sang- und klanglos, niemand steht auf dem Steg und winkt.

Mit ein wenig Wehmut gleiten wir aus unserem sicheren Heimathafen. In der Wohlenberger Huk setzen wir dann umgehend die Segel, stellen den Motor aus und lassen uns von einem 4 er Wind voran treiben. Wichtiges Ritual in diesen frühen Morgenstunden ist der „Herrgotts Bestecher“ oder Manöverchluck. Um unsere Reise unter einen guten Stern zu stellen, geben wir ein reichliches Schlückchen des Feuerwassers ins Meer. Wir haben den Eindruck die zuständigen Herren Rasmus, Poseidon oder auch Neptun, sind dem nicht abgeneigt und haben dann ein wachsames Auge auf uns und unser Schiffchen!

Einsam folgen wir unserem gesteckten Kurs nach Heiligenhafen, nur ab und an begegnen uns in weiter Ferne ein paar Segler oder ein paar Fähren. Mit dem etwas abnehmenden Wind kommen wir am Nachmittag in Sichtweite der Fehmarnsundbrücke. Obwohl die Sonne etwas heraus kommt, bleiben wir fest in unsere Schwerwetterkleidung gehüllt. Besser ist es, auch wenn man meint, es wäre Sommer!

Dann endlich passiert etwas! Zwei andere Segelschiffe tauchen neben uns auf. Was das bedeutet ist ja wohl inzwischen allen klar:

Regatta!

Und diese wird sich in der Fahrrinne unter der Fehmarnsundbrücke entscheiden, unter der wir mit achterlichem Wind hindurch segeln werden.

Zunächst einmal heißt es taktieren, den besten Augenblick ab zu warten, um mit Schwung und möglichst als Erster in den Tonnenstrich einzufahren. Die Steuerfrau zuckt nicht, obwohl die beiden anderen versuchen, uns den Weg abzuschneiden.

Germanys Best Grinder (Ämterhäufende)  ist in Lauerstellung und haargenau im richtigen Moment wird das Ruder gelegt und die Segel richtig getrimmt. Schon ziehen wir mit lockeren acht Knoten Geschwindigkeit davon. Das macht doch mal wieder richtig Spaß! Unseren Vorsprung können wir weiter ausbauen und fast schon zu schnell sind wir kurz vor Heiligenhafen und müssen die Segel bergen. Die Sonne hat die letzten Wolken verschoben und der blaue Himmel hat auch gewonnen.

Als wir die Hafenmole passieren hören wir noch eine launige Kommunikation über Funk. Einer unserer „Regatta Gegner“ fragt an beim Hafenmeister, ob der Hafen denn groß genug sei für seine Yacht ( Bem.: Heiligenhafen ist der größte Hafen in der deutschen Ostsee). Da der Hafenmeister wohl ein wirklich großes Schiff erwartet, stellt er die berechtigte Frage, wie lang denn das Boot sei. Antwort in Schweizer Dialekt: „40 Fuss“ ( ca. 12m).

Darauf entgegnet der Hafenmeister, mit gewisser Enttäuschung in der Stimme, in typisch Norddeutsch: „Na, das is ja man klein!“ und gibt damit das OK, dass der Hafen dieses Schiff doch beherbergen kann. Ich glaube, er hatte erwartet, dass die Queen Mary 2 im Anmarsch sei.

Wir finden einen freien Platz an unserem Lieblingssteg und sind schnell fest und haben alles klar gemacht an Bord.

Uns schräg gegenüber macht eine Hanseyacht mit einer Männercrew fest. Der Skipper winkt immer zu uns rüber. Da die 5 „Jungs“ augenscheinlich keine Hilfe anfordern wollen, denke ich, ist es einfach nur eine nette Begrüßung. Allzu viele Menschen sind an diesem Tag nicht auf dem Steg unterwegs und könnten gemeint sein!

Obwohl der Trip nicht so Schweiß treibend war, begeben wir uns doch in die Wellness Oase. Als ich frisch geduscht und mit geföhnten Goldlöckchen zu unserem Schiff zurücktrabe, ist Andreas natürlich schön längst wieder an Bord, seine Graulöckchen sind halt einfacher in Form zu bringen…

Kaum habe ich meine Crocs aufs Deck gestellt, vernehme ich Stimmen aus dem Bauch des Schiffes. Halluziniere ich etwa schon am ersten Seetag? Oder führt Germany Next Top Grinder laute Selbstgespräche? Als ich dann Schalke- Lieder, text- nicht unbedingt notengenau, vernehme, denke ich, dass eine Einweisung in die Psychiatrie (entweder für mich oder den Sänger, von dem ich ausgehe, dass es Andreas ist) eventuell nicht mehr vermeidbar ist.

Mit diesen dunklen Gedanken, klettere ins Boot und siehe da, alles wird gut! Wir haben Besuch, Rolf aus Dorsten ist da mit seinem Schiff „ Glück Auf“, ergo findet ein Treffen zwischen zwei Schalke Fans auf feindlichem Terrain ( FC Heiligenhafen) statt. Der freundlich winkende Mann war also auch Rolf gewesen, alles klärt sich auf und wir heben erstmal das Glas auf den zweiten Platz der Meisterschaft für S04. Rolf und seine Frau Jutta hatten wir übrigens im letzten Jahr in Gedser ( dem Shopping Paradies der gesamten Ostsee) kennen gelernt. Da sieht man mal wieder: So klein ist die Ostsee.

Abends gehen wir dann in Heiligenhafen ins Fischerstübchen essen, dort sitzen wir neben dem einheimischen Stammtisch und es geht dort wirklich zu wie im TV bei „Neues aus Büttenwarder“, ein Schwank nach dem nächsten wird präsentiert. Dennoch können wir uns auch auf den Butt konzentrieren, der hier von vorzüglicher Frische und Qualität ist. Gut gesättigt oder eher pappensatt trennen wir uns schweren Herzens vom informativen Gespräch des Stammtisches und tapern zurück aufs Schiff, wo wir mit einem letzten Blick auf die schöne nächtliche Idylle ins Bettchen fallen.

2. Tag   Mittwoch 2.6.2010

Heiligenhafen - Rudköbing,   45 sm

Nord- Süd Gipfeltreffen

Gestern hatten wir mit Brigitte und Günter aus Nürnberg vereinbart, die wir vor vier Wochen auf einem etwas grösserem Schiff kennen gelernt hatten, uns in Rudköbing auf der dänischen Insel Langeland zu treffen. Gesagt, getan. Wir stehen nicht zu spät auf, was aber leichter fällt, da erstmalig am Morgen die Sonne strahlt und nur blauer Himmel durch die Luke der Kabine schimmert!

Nach einem Frühstück, mit frischen Brötchen, sind wir klar zum Auslaufen. Natürlich fahren wir noch mal kurz bei Rolf vorbei, den wir Papparrazzi mäßig noch mal fest halten wollen. Vor allem der Bootsname ist hier wichtig! Der Eigner kommt gerade an Bord, als wir uns in Schleichfahrt nähern, er kann just im allerletzten Moment noch das S04 Handtuch unauffällig über die Reling drapieren und weiß auch zu verhindern, dass ein Crew Mitglied seine „Doofmund“ Kappe und Handschuhe von unter Deck holt.

Nun ja, man kann sich seine Crew nicht immer aussuchen.

Wir verabschieden uns winkend und stechen in See.

Bei Wind von 3 Beaufort segeln wir nicht ganz so schnell wie gestern dahin, aber wir sind ja nicht auf der Flucht!

Als wir den Kiel- Ostsee Weg queren, schmeißen wir kurz den Diesel an, da hier doch ein reges Verkehrsaufkommen herrscht.

Danach segeln wir flott voran, Landwinde der Insel Langeland bescheren uns eine schnelle Fahrt. Kurz vor Marstal verengt sich das Fahrwasser dramatisch, wir bergen die Segel und fahren unter Motor durch die roten und grünen Tonnen. Bei dem herrlichen Wetter kann man deutlich das flache, türkisfarbene vom tiefen, dunkelblauen Wasser unterscheiden. Und jenseits der engen Betonnung sind die Untiefen scheinbar zum Greifen nah.

Mit Kurs auf Rudköbing können wir noch ein Stück unter Vorsegel segeln, dann machen wir uns  bereit zum Anlegen im Hafen.

Brigitte und Günter sind aus Söby gekommen, was nicht ganz so weit ist und sind schon im Hafen und haben neben sich einen Platz für uns frei gehalten. Als wir die Mole passieren, winken sie schon und wir steuern zügig unsere Box an, machen schnell fest und alles klar, denn der Sundowner inklusive Knabberkram wartet auf dem Schiff der beiden. Gar nicht so schlecht, wenn man so begrüßt wird.

Natürlich haben wir uns einiges zu erzählen.

Abends kochen wir dann gemeinsam, jede Kombüse weist noch ein paar Vorräte auf, die wir professionell und gemeinsam zu einem leckeren Menü zusammen würfeln. Es gibt Salatblattvariationen, mit Tomatenschnitzeln und Mozarellabröckchen an Balsamico Senf Vinaigrette. Danach servieren wir Gnocchi mit Paprika- Zucchini- Geschnetzeltem in einer leichten Crème Fraîche Ummantelung.

Dazu kredenzen wir dann Rotwein (Merlot), später holen dann Brigitte und Jürgen noch ihren Lieblingsroten aus ihrem schiffseigenen Weinkeller. Insgesamt eine total leckere Angelegenheit und diesmal ohne Kleiderordnung, das kleine Schwarze und der dunkle Anzug bleiben im Schrank (zuhause). Klar, dass es bei all dem Futtern, Schlotzen und Sabbeln dann doch 1 Uhr wird, bevor wir die Kojen entern.

Aber dieses Nord- Süd Gipfeltreffen hat Spaß gemacht und wird  nicht das Letzte bleiben.

3. Tag   Donnerstag 3.6.2010

Rudköbing – Lundeborg  ,   18 sm

Kleiner Hafen, kleine Liegeplätze

Heute schlafen wir etwas länger, der gestrige Abend fordert doch seinen Tribut. Aber der strahlende Sonnenschein lässt uns nicht länger schlafen, eine gewisse Unruhe macht sich breit.

Wir frühstücken gemütlich, bunkern noch etwas Wasser, dann nehmen wir Abschied von Brigitte und Jürgen, die heute wieder Richtung Aerö zurück wollen, während wir weiter in den Norden segeln.

Unter Winken (mal wieder, ist doch nett!) legen wir ab und ein guter, vierer Wind lässt uns schnell die Segel setzen. Da der Wind genau von vorne kommt, müssen wir aufkreuzen, aber der Weg ist heute nicht all zu weit, so dass es uns nicht stört.

Kurz vor unserem Zielhafen Lundeborg auf der Insel Fünen packen wir die Segel ein und steuern den Hafen an, in dem wir vor 8 Jahren schon einmal waren, der inzwischen aber von einem winzigen Hafenbecken auf insgesamt drei erweitert wurde. Im Hafenhandbuch sieht dies alles sehr ansprechend aus und wir sind äußerst neugierig.

Gleich nach der Hafeneinfahrt sehen wir, dass die Liegeplätze für uns etwas knapp bemessen sind. Aber hier wollen wir bleiben. Im Hafenbecken ist gerade ein anderes Schiff am Einparken, in der Enge treibt das Ausweichmanöver der Schiffslenkerin dann doch ein paar Schweißperlen auf die Stirn, die der auffrischende Wind jedoch schnell trocknet. Ich habe dann noch eine freie Box entdeckt, die ich dann motiviert ansteuere, wie ich es von unserem Skippertrainer Andreas Schr.( Hab Dank!) gelernt habe.

Im leichten Winkel schlüpfen wir durch die Holzpoller, der Mors unseres Schiffes steht etwas darüber hinaus. Das macht uns aber nicht verrückt, hier bleiben wir. Wir haben einen Superblick auf den vor uns liegenden Sund, das Wasser glitzert in der Sonne. Da wir schon recht früh eingelaufen sind, machen wir uns einen gemütlichen Nachmittag auf dem „Sonnendeck“, den wir uns mit Lesen und Konkurrenzbeobachtungen der Nachbarlieger vertreiben.

Am Abend wird dann gekocht, es gibt Kohlrabi mit Salzkartoffeln, dazu einen Tomatensalat. Dann wird die von der Optik einem Straußeneierkocher ähnliche Satelitenanlage aufs Deck gehievt. Die deutsche Nationalmannschaft spielt im Testspiel gegen Bosnien- Herzegovenia. Auch für unseren TV Spezialisten an Bord das Testspiel, ob Jogi Löw und wir für die WM gerüstet sind.

Jawoll, die Anlage tut auch hier, relativ abseits der „Zivilisation“.

Dann können wir nur noch hoffen, dass Germany auch spielerisch überzeugen kann und wir die singende Deutschlandfahne schwingen dürfen.

Dann gehen wir nicht zu spät schlafen.

4. Tag   Freitag 4.6.2010

Lundeborg - Kerteminde ,   35 sm

Wie Phoenix aus den Pollern

Heute stehen wir gut gelaunt und erholt auf. Nach einem leichten Frühstück machen wir alles klar zum Auslaufen. Es ist warm und sonnig und verspricht ein perfekter Tag zu werden.

Auch unsere Nachbarn sind zumeist schon auf und frühstücken im Cockpit. Idylle und Beschaulichkeit, wohin man schaut. Da wollen wir uns mal ganz leise und unspektakulär vom Acker machen, man stört ja nicht so gerne.

Gesagt getan, ohne viel Gehampel oder gar Gespräche an Deck, machen wir die Leinen, die wir nicht benötigen, und das Elektrokabel los. Ich nehme das Ruder in die Hand und gehe leicht rückwärts, der TV und Leinenspezialist fiert die Leinen auf und holt sie schließlich ganz ein. Ich gebe etwas mehr Gas, das Schiff bewegt sich keinen Millimeter rückwärts. Nanu, noch irgendwo eine Leine fest, oder gar das Elektrokabel? Ich denke sofort an die Hoppels, die ja bereits in Radolfzell (am Bodensee- Du weißt schon!) erfolgreich am E- Kabel und Stromverteiler fest saßen.

Aber nicht bei uns, wir haben keinerlei Landverbindung mehr.

Andreas bemerkt, dass wir mittschiffs zwischen den Pollern 1 a festklemmen. Eureka, das kann nicht jeder. Panik erfasst mich, ich will hier raus! Inzwischen ziehen wir natürlich schon die Aufmerksamkeit auf uns, genau das, was wir tunlichst vermeiden wollten. Na ja, ist ja nun irgendwie auch egal. Andreas regt an, mit Vollgas aus der Box zu donnern. Sein Wunsch ist mir, wie immer natürlich, Befehl und ich drücke den Gashebel auf volle Kraft rückwärts, der Volvo jault auf, es tut sich aber noch nichts. Nochmal leichte Maschine voraus und dann noch mal volle Power nach hinten. Jetzt bewegt sich was, ich habe nur die Sorge, dass wir mit Vollgas aus unserem Pollerpfropfen geschleudert werden, und ich, aufgrund des relativ kleinen Zwischenraumes zu den Liegeplätzen gegenüber, das in Fahrt gekommene Boot nicht mehr rechtzeitig aufstoppen kann und wir in voller Pracht den Leuten dort auf dem Frühstückstisch, schlimmstenfalls in deren Spiegeleiern (overeasy- natürlich) landen.

Das alles passiert- Neptun sei Dank- nur in meiner wildesten Fantasie. Wir können aufstoppen und fahren nonchalent aus dem Hafen raus. Klar, dass nun mehr alle wach sind und das ganz große Kino, das wir veranstaltet haben, mit bekommen haben.

Ich glaube, die Wikinger werden ihren Enkeln noch von den bekloppten Teutonen  berichten, die mit ihren viel zu großen Booten viel zu kleine Boxen ansteuern.

Nun ja, man kann ja auch mal als anschauliches Beispiel herhalten. Und wenn das kein motiviertes Herausfahren aus der Box war, mein lieber Andreas Schr. ( der Skippertrainer), dann weiß ich wirklich nicht, was Du gemeint hast und die Nachhilfestunden waren völlig für die Katz.

Der restliche Segeltag verläuft dann relativ unspektakulär, nun ja der Morgen ist ja auch nur schwer zu toppen. Zunächst einmal motoren wir ein Stück, da wir den Wind genau von vorne haben. Später können wir dann die Segel hissen und machen gute Fahrt bei einem Wind von 3- 4 Bft. Unter der Grossen Belt Brücke durch motoren wir, da der Wind wieder von vorn bläst.

Dann nehmen wir Kurs auf Kerteminde. Mittlerweile sehen wir am Horizont einige Segelboote unter Spi auftauchen, die sich auf magische Weise immer weiter vermehren. Nahezu Hunderte von Schiffen kommen in gewissen Abstand auf uns zu. Es ist die jährliche Fünen Rund Regatta, die uns auf imposante Weise hier begegnet. Wir haben Lust um zu drehen und mitzukämpfen…

Aber wir verfolgen dann doch unser eigentliches Ziel nach Norwegen zu segeln. Gegen 17 Uhr laufen wir in Kerteminde ein.Nach einigem Suchen finden wir noch einen freien Platz mit grüner Markierung. Obwohl Menschen die Nachbarschiffe bevölkern, haben wir den Eindruck, dass sie sich eher unter Deck verkriechen.

Keine Willkommensstürme, keine Hilfe. Aber wir können auch alleine. Schnell sind wir fest und sehen, dass der Liegeplatz bis zum nächsten Tag um 14 h frei sein wird. Da haben wir doch noch mal Glück gehabt.

Nach einem Anleger Schluck geht es zum Duschen. Als ich zurück komme, kommen mir viele Menschen entgegen, die mit Essbarem bewaffnet auf ein Zelt zu streben. Ich kombiniere glasklar, hier ist ein Hafenfest, das wäre doch auch was für uns. Denn augenscheinlich ist auch der Grill schon angeschmissen, das wäre ja auch eine Riesenfreude für Germanys Best Griller and Grinder!

Also krame ich meine Dänisch Kenntnisse wieder aus und schmettere den hunderten von Dänen ein fröhliches „Hey!“, in der starken Hoffnung, dass einer uns zum Feschtle einlädt. Nix, die sind ja so was von stur! Egal, dann werden halt die Reste vom Vortag vervespert und der Cheffe bekommt Bratwürstchen aus der Pfanne. Auf jeden Fall sitzen wir im Mittelmeerambiente in lauschiger Wärme im Cockpit und genießen den wunderhübschen Sonnenuntergang. Lass die Dänen doch alleine feiern, die wissen ja nicht, was sie verpassen, wenn der Chefgriller nicht Hand anlegen darf!

5. Tag   Samstag, 5.6.2010

Kerteminde - Vejrö ,   38 sm

Auch ankern will gelernt sein

Wir stehen gegen 7.30 h auf und machen uns schnell fertig, es ist noch etwas diesig, verspricht aber ein schöner Tag zu werden. Da der Wind nur schwach weht, wollen wir heute ankern!

Unser Ziel ist eine unbewohnte Insel nordöstlich von Samsö, das klingt nach Abenteuer pur! Und die Idee kam Andreas bestimmt gestern Abend, als ein rotes Dinghi, besetzt mit einem glücklich bis euphorisch aussehenden Mann, mit Bierdose in der Hand, durchs Hafenbecken donnerte. Das weckt natürlich unweigerlich die Assoziation an schöne Stunden auf dem knallroten Gummiboot in schwedischen Schären.

Mit Strom von achtern und etwas stärkerem Wind, als vorhergesagt, erreichen wir schnell unser Ziel. Wir bereiten uns aufs Ankern vor, fahren den gewählten Platz auf der dem Wind abgewandten Seite der Insel an. Drehen noch mal einen Kreis um den Punkt, wo der Anker fallen soll. Prima, also tief genug in dem Schwojekreis, in dem sich das Schiff bewegen wird.

Schnell liegen wir vor Anker und beobachten per Landpeilung, ob der Gute auch hält. Sieht so aus, als wenn einer ruhigen Nacht in schöner Atmosphäre nichts im Wege stünde. Wir sitzen im Cockpit und genießen das laue Lüftchen. Wieder einmal tauchen zwei Schweinswale auf, umkreisen das Boot und verschwinden auf dem siebten Weltmeer- der Ostsee.

Ein kleiner Krimi spielt sich dann noch vor unseren Augen ab.

Nicht im Fernsehen, obwohl der SAT Receiver heute auch noch mal eine Testreihe durchlaufen wird, sondern auf der Insel, in deren Sandklippen Möwenkolonien nisten. Ein Fischadler ist im Anflug und will sich wohl Möweneier oder Küken zum Abendessen einverleiben. Ganz schnell ist die Bürgerwehr der Möwen auf den Flügeln und nach einigen akrobatischen Flugmanövern und immensem Gezeter wird der unliebsame Gast in die Flucht geschlagen. Sehr interessant dies so haut nah anzusehen.

Auch wir haben Hunger, greifen jedoch auf die Vorräte auf dem Schiff zurück. Tomate Mozzarella, Spaghetti mit Oliven Öl und Knoblauch werden in Windeseile auf den Tisch gezaubert.

Am Horizont sehen wir die großen Schiffe, wie die Color Line Fähre und diverse Kreuzfahrtschiffe vorbei ziehen. Und wir liegen hier in unserem kleinen Paradies. Schöner geht es ja kaum. Nur das rote  Gummiboot kam nicht zum Einsatz, die Zeit fehlte einfach!

Als es Zeit ist, ins Bett zu gehen, nimmt der Wind wieder zu und dreht in eine andere Richtung. Das hat zur Folge, dass wir nicht mehr richtig geschützt sind. Nunmehr sind wir eher Spielball des Windes und der zunehmenden Wellen. Es wird klar, dass die Nacht unruhig werden wird. Obwohl alle elektronischen Geräte, wie Ankeralarm und Tiefenalarm programmiert sind, machen wir kein Auge zu. Ständig lauschen wir auf „verdächtige“ Geräusche, prüfen jede „unnatürliche“ Bewegung des Schiffes.

Dann plärrt auch schon der Ankeralarm, weil wir uns aus dem definierten Schwojekreis herausbewegt haben. Später wird auch die Tiefe unter unserem Kiel immer geringer und kritischer.

Da wir eh keine Ruhe mehr haben, ziehen wir uns an und holen den Anker hoch und verlegen das Schiff in etwas tiefere Gewässer. Das alles in stockfinsterer Nacht, obwohl ich aus den Augenwinkeln schon noch wahrnehme, wie viele Sterne am Himmel funkeln. Aber der kühle, frische Wind bringt mich in die Realität zurück, zum Träumen bleibt keine Zeit. Erneutes Ankermanöver, Anker sitzt, Tiefe stimmt. Also wieder unter Deck, es ist ja erst 2 h morgen. Mit dem Schlafen klappt es nicht. Das Boot bewegt sich dermaßen in den Wellen, ständig ruckt es in der Ankerkette und auf unseren Matratzen fühlen wir uns wie im Wasserbett, wenn wir wie auf Wellen gen Decke gehoben werden.

Irgendwann haben wir die Nase voll, ziehen unsere Schwerwetterkleidung an und im ersten Morgengrauen lichten wir den Anker endgültig und brechen auf zu neuen Zielen. Wir segeln in einem jetzt schon vierer Wind in den Sonnenaufgang hinein. Das entschädigt dann doch für die ungemütliche, verdammt kurze Nacht.

Ich haue mich noch mal auf die Couch, der Skipper skippert. In Höhe von Grena ( um 8.30h) entscheiden wir zum nächsten Etappenziel Laesö weiter zu segeln. Gleichzeitig gibt es deftiges Frühstück, mit Spiegeleiern und allem Schickimicki im Cockpit.

Das haben wir uns ja wohl verdient. Das Wetter ist etwas gräulich, aber ein flotter Wind und die berühmte Kattegat Welle tragen uns mit teilweise 8 kn nach Norden. Nach 90 sm und 11 Stunden sind wir endlich im Hafen von Laesö, einer sehr hübschen Insel, zwischen Dänemark und Schweden. Wir machen an einer Heckmuring fest. Zum Essen gehen wir in den Havnebakken, ein Restaurant und Hotel in Sichtweite, direkt am Hafen.

Es gibt Jumfruhummer, Kaisergranat. Dieser wird hier gefischt und ist die Spezialität schlichthin, die sogar gefroren in die Mittelmeerländer exportiert wird.

Also man merke: Wer hat es erfunden? Jawoll, die Dänen.

Resümierend: Total leckeres Essen und der begleitende Weißwein schmeckt auch wie er soll, das macht die verkorkste Nacht und den recht anstrengenden Tag dann wett.

Es spricht uns dann ein schwedisches Ehepaar auf unser Schiff an, welches ja in Schweden “geboren“ wurde. Sie kommen aus Arvika, wo die Comfortbator Werft liegt. Die Welt ist doch wirklich klein.

Danach schwätzen wir noch mit einem dänischen Ehepaar, die aus Dragör bei Kopenhagen kommen, auch Segler sind und so wird noch das eine oder andere Seemannsgarn gesponnen, bevor wir zurück aufs Schiff wanken, um zeitnah in komatösen Schlaf zu  fallen. Störungs- und traumlos verbringen wir die Nacht im Tiefschlaf.

 

===> Fotos

 

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