Lillesand-Egersund

Schären und Fjorde in Südnorwegen

4. Woche vom 20.6.- 26.6.2010

20. Tag  Sonntag, 20.6.2010

Lillesand - Kristiansand, 21 sm

Viertgrößte Stadt Norwegens Kristiansand

Heute Morgen starten wir rechtzeitig, im Hafen schlafen noch alle, gestern wurde wohl augenscheinlich ordentlich gebechert.

Nach dem Frühstück mit frischestem Vollkornbrot sind wir fit für den Tag.

Das Wetter ist leider noch etwas bedeckt, aber die Sonne scheint sich schon durch die Wolken zu knabbern. Schnell setzen wir die Fock, da der Wind recht mäßig von achtern weht und durchfahren wieder mal eine traumhafte Schärenlandschaft.

Bald kommt auch die Sonne endgültig heraus und wir genießen den Tag beim gemütlichen dahingleiten. Gegen 14 Uhr fahren wir in den Fjord von Kristiansand ein und können unsere Zielstadt am Horizont schon ausmachen. Die Gastliegeplätze befinden sich bei der alten Festung, die ein guter Ansteuerungspunkt ist.

An der augenscheinlich neuen Gästebrücke, liegt nur ein sehr großes Schiff aus Holland.

Wir parken direkt dahinter ein. Als wir die Leinen festgemacht haben, bemerken wir, dass die Brücke so neu ist, dass es dort weder Strom noch Wasseranschlüsse gibt. Egal, wenn wir geankert hätten, hätten wir diese Bequemlichkeiten auch nicht gehabt.

Leider ist, wie wahrscheinlich an jedem Wochenende, die Motorboot Rushhour wieder auf ihrem Höhepunkt. Unendlich viele kleine und große Motorboote fahren in das, hinter dem Gästehafen liegende, Hafenviertel der Stadt ein, um dort einzukaufen, die herrlichen Gerichte Südnorwegens zu kosten, oder einfach das mittlerweile herrliche Wetter zu genießen.

Durch den Schwell dieser Boote liegen wir etwas unruhig, aber da müssen wir durch.

Erstmal einen Anleger im sonnigen Cockpit trinken, Pullover, Socken und Schuhe abstreifen und sommerliche Gefühle entwickeln. Es ist doch tatsächlich so warm geworden, dass wir uns beim Duschen erst einmal abkühlen müssen.

Auch die holländische Crew kehrt Eis essend (es ist Sommer!)auf ihr Boot zurück. Zeit, diese zu interviewen. Sie kommen aus Breskens (an der Grenze zu Belgien, ist doch klar), sind durch den Nordostseekanal hier nach Südnorwegen gesegelt (in zwei Wochen, ist doch wohl auch klar) und wollen morgen über die Nordsee zurück in ihre Heimat.( Ja ne, is klar??!!)

Nun, es ist ja auch eine 20m Jacht, so groß, dass sicher jeder der 4 Besatzungsmitglieder  eine eigene Wohnung unter Deck bewohnt.

Andreas und ich gehen auch noch mal ins Hafenviertel. Ein ganz niedlicher Platz, direkt am Wasser, mit Anlegestellen für Motorboote und vielen Restaurants und Bistrots. Der täglich stattfindende Fischmarkt ist gerade um 17 Uhr zu Ende gegangen. Schade!

Ein Containerterminal gibt es auch hier im zweitgrößten Hafen Norwegens und Container der Hamburg- Süd grüssen uns!

In den Felsen der Schären,direkt am Wasser gelegen, entsteht zur Zeit eine Philharmonie für Sörlandet. Laut Baubeschreibung und Zeichnung gar nicht so klein. Vielleicht klappt es hier in Norwegen mit der Finanzierung ja besser als bei uns in Hamburg.

Zurück auf dem Schiff wird das abendliche Mahl bereitet.

Serviert werden Tagliatelle mit einem flockigen Paprika Zucchini Sößchen.

Auch nachts werden wir teilweise kräftig durchgerüttelt, der Cheffe muss sogar noch mal an Deck, um nach den Leinen zu schauen.

Aber dann finden wir doch noch eine Mütze voll Schlaf.

Ach ja, morgens sind Installateure auf dem Steg, die Wasser und Strom für die Gäste anschliessen wollen, die Anschlüsse scheinen nicht zu passen. Also wird erstmal eifrig telefoniert. Wir sind gespannt, ob auf unserem Rückweg hier alles fertig sein wird.

 

21.Tag   Montag, 21.6.2010

Kristiansand – Trysnes, 18 sm

Idylle im Fjord

Wir stehen nicht zu spät auf, wir wollen weiter nach Süden segeln.

Die Holländer sind schon gegen 4 Uhr morgens aufgebrochen, aber so viele Seemeilen, wie die „Matjesesser“ abreissen wollen, stehen bei uns nicht auf dem Programm. So frühstücken wir in Ruhe und stechen dann in See.

Das Wetter ist weiterhin sonnig und recht warm. Auf dem Wasser benötigen wir dennoch immer eine Jacke, der Vierer Wind ist noch immer zu kühl. Mit achterlichem Wind halsen wir, dem gesteckten Kurs unseres ämterhäufenden Navigators folgend, nach Trysnes. Laut Hafenhandbuch ein sehr kleiner Hafen, in einem Fjord gelegen. Mal schauen, ob es dort für uns einen Parkplatz gibt.

Bei der Einfahrt in den Fjord bekommen wir wieder „normale“ Wassertiefen unter den Kiel. Das Echolot kann diese endlich auch wieder anzeigen. Im Fjord selbst wird es dann schnell eng, wir packen die Segel weg und manövrieren vorsichtig durch die engen Felsvorsprünge.

Noch einmal um die Ecke gebogen und wir sind schon im Hafen.

Und in der Tat: er ist wirklich sehr überschaubar und zwischen den Schlengeln ist kein Platz für uns, diese sind sowieso mit unzähligen kleinen Motorbooten belegt. Wir müssen auf engstem Raum zwischen Stegen und steilen Felsblöcken kreisen. Der Steuerfrau steht, ob dieser Herausforderung, der Schweiß auf der Stirn und leichtes Herzrasen breitet sich aus. Da entfernt sich ein Motorboot und ein Steg bietet sich längsseits zum Anlegen an. Also noch einen Kringel gefahren und ran an den Steg. Da hat der Wind jedoch was dagegen, er treibt uns wieder weg. Toll, noch eine Ehrenrunde, langsam reicht es. Ich will endlich festmachen.

Noch ein Versuch diesmal rückwärts gegen den Wind, dann sind die Leinen fest und die Herzfrequenz kann sich normalisieren.

Es wird aufgeräumt, Strom und Wasserversorgung gibt es wieder nicht, bzw. die Anschlussstellen sind zu weit entfernt. Sogar für unsere insgesamt mindestens 100 m Stromkabel.

Macht ja nichts, dann üben wir uns eben weiterhin im Strom- und Wassersparen.

Die Ortsbesichtigung ist schnell erledigt ist, da Trysnes sehr klein und abgelegen ist.

Dennoch sind Deutsche aus Heilbronn hier und zwar zum Angeln. Die Broschüren sprechen von einem Angelparadies aller erdenklichen Fischsorten. Die Fische können direkt an den Ferienhäusern ausgenommen und gesäubert werden. Tiefkühltruhen stehen wohl mit großem Volumen zur Verfügung. Dann mal Petri Heil!

Für uns ist erstmal Schicht im Schacht. Es gibt die restlichen Schnittchen und ein Gesundheitsgetränk. (Gut gegen Skorbut!)

Die Sonnenpause ist überschaubar kurz, denn der Skipper wird schnell unruhig. Was könnte man tun, Schiff schrubben oder das knallrote Gummiboot zu Wasser lassen?

Letzteres wird entschieden. Also muss auch die Steuerfrau ihre Keulen schwingen, um zu assistieren. Endlich schwimmt das Dinghi, der Außenborder ist montiert. Der Rastlose hat sich wasserfeste Stiefel übergestreift und schippert los. Der Motor ist nach zwei Jahren tatsächlich problemlos angesprungen. Da knattert er dahin. Natürlich nicht ohne vorher den blauen Rumpf auf neue und alte Kratzer und Macken, diesmal vom Gummiboot aus Aug in Aug zu untersuchen. Das ist doch eine viel bessere Perspektive, als wenn man sich vom Deck aus herunter lehnen muss.

Das Problem ist jedoch, dass Andreas nach vorn gut nach Dellen spähen kann, derweil schrapt des Heck des Gummibootes mit einer Metallöse am Rumpf seines Mutterschiffes… Kein Kommentar, aber wenn ich könnte würde ich dem Cheffe auf dem Beiboot gleich mal den Stöpsel aus demselben raus ziehen….

Dann knattert er endlich von hinnen. Ich sinke ermattet auf die Kissen und versuche Sonne und meine knappe Freizeit zu genießen.

Viel Zeit hierfür ist mir nicht vergönnt. Knatterton ist schon wieder im Anmarsch, also Hände an die Hosennaht und alles klarmachen zum Mann und Beiboot bergen.

Als auch das erledigt ist, ist es Zeit das Abendessen herzurichten.

Heute gibt es Pizza belegt mit Tunfisch, Anchovis und Oliven. Der Abenteurer, der mit dem Dingi die wilde, norwegische Natur erobert hat, ist extrem hungrig. Er entnimmt den geöffneten Konserven schon mal das eine oder andere Pröbchen. Dann wird der Belag halt etwas gestreckt.

Essen können wir draußen, auch wenn die Sonne dann bald hinter dem hohen Felsen verschwindet. Die erste Pizza in unserem Backofen ist übrigens hervorragend gelungen und schmeckt fantastisch.

Klar, dass wir nach dem anstrengenden und aufregenden Tag noch ein wenig Fußball gucken. Ja super, der Sat Straußeneikocher funktioniert auch ohne Probleme in diesen Fjordschluchten.

Dann schlüpfen wir in die Kissen und schlafen.

 

22.Tag   Dienstag, 22.6.2010

Trysnes, Hafentag

Hausputz und ein wenig Freizeit

Heute verspricht der Wetterbericht Windstärken von 6 Bft. Da der Wind aber wieder genau von gegenan kommt und auch die Welle wieder mit 2 – 2,5 m angekündigt wird, bleiben wir heute im Hafen.  Ausschlafen und geruhsam frühstücken gehören natürlich zu einem Ruhetag dazu. Die Sonne scheint aus dem wolkenlosen Himmel.

Sommerfeeling in Trynes.

Zeit dann endlich mal wieder das Schiff zu putzen. Ich klare unter Deck gründlich auf und Andreas fegt das Deck. Später lesen wir ein wenig, bis einer von uns beiden wieder von innerlicher Unruhe erfasst wird und irgendwelche Aktivitäten durchführen muss.

Also Buch beiseite gelegt, dann dasselbe Prozedere wie am Nachmittag zuvor. Schlauchboot zu Wasser lassen, Außenborder montieren usw.usw. Cheffe knattert, heute modisch in Bermudas und Stiefel gewandet, davon. Vielleicht schaffe ich es, mal ein paar Seiten am Stück zu lesen.

In der Tat mir bleibt eine volle Stunde, bevor das Tuckern wieder hörbar ist und Mann und Boot wieder geborgen werden wollen.

Irgendwann ist es Zeit fürs Abendessen. Es gibt Pellkartoffeln mit Hering aus der Dose. Die aufs Schiff geschleppten Vorräte müssen ja mal in Angriff genommen werden.

Ich begebe mich in die Kombüse, setze die Kartoffeln auf und bereite die weitere Mise en place des Dinners vor.

Man glaubt es nicht, gerade habe ich mich auf meinen ca. 1,5 qm Bordküche ausgebreitet, kommt der one and only Chefmechaniker auch unter Deck, komplementiert mich und meine Kochzutaten aus dem Weg.

Ich traue meinen Augen nicht: Käpt’n Ahab baut genau jetzt die Motorverkleidung ab und legt die Einzelteile auf meine, im Übrigen heute morgen, blank gewienerte, Arbeitsfläche. Was passiert denn jetzt?

Der Seewasserfilter wird ausgebaut und gereinigt! Logisch, das halte auch ich für genau den richtigen Zeitpunkt. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Leider kann ich meinem Schicksal nicht entfliehen. Da die abgebaute Motorverkleidung gleichzeitig die Treppe nach oben und draußen ist und nun, neben den kochenden Pellkartoffeln, auf meiner ehemals sauberen Arbeitsfläche ruht, bleibt mir mein einziger Fluchtweg versperrt.

Dann kann ich ja auch gleich noch den ausgebauten Filter entgegen nehmen und unter fließendem Wasser den dort angesammelten „ Meeresfrüchtesalat“ auswaschen.

Irgendwann ist der Filter, hoffentlich wasserdicht, wieder installiert. Die Treppe wird wieder an ihren Platz gebaut. Ich kann die Kombüse wieder reinigen und mit dem Abendessen fortfahren.

Mein Hyperventilieren hat sich inzwischen auch wieder gelegt.

Es schwirrt mir nur immer ein Gedanke durch den Kopf, wo kann man beim Ämterhäufenden wohl ab und an mal die Batterie raus nehmen?

Ich würde dies als hilfreich empfinden.

Wir bewundern den Sonnenuntergang hinter unserem Felsen, als wir einen sehr hohen Mast auf unseren Hafen zusteuern sehen. Bald sehen wir auch das Schiff, das an dem Mast hängt. Ein sehr großes norwegisches Segelschiff aus dem königlich norwegischen Segelclub Oslo ist im Anmarsch. (die Su!Su!) Oh Gott, wo will der denn noch hin. Eingangs des Hafens gibt der Hafenmeister Zeichen und schickt das Schiff tiefer in den Hafen hinein. Als er zwischen uns und unserem Felsen durch fährt, bleibt nicht sehr viel Platz. Sehnsüchtig schaut er auf unseren Liegeplatz, den geben wir aber niemals her! Und wenn es der König selbst wäre.

Ganz tief im Hafen parkt er dann, unter viel Einsatz des Bugstrahlruders, ein. Dann ist endlich wieder Ruhe eingekehrt. So sieht also der letzte Abend hier aus, morgen wollen wir endlich weiter segeln.

Als wir schon unter Deck sind kommen noch zwei kleinere Segler, die auch noch einen Platz finden. So klein ist Trysnes also gar nicht.

 

23.Tag   Mittwoch, 23.6.2010

Trynes- Farsund, 40 sm

Wir umrunden das südlichste Kap Norwegens

Morgens sind wir früh auf, dennoch fährt die Su!Su! knapp vor uns aus dem Hafen. Das Wetter ist wieder wolkenlos. Wir umschiffen die Untiefen vor Trysnes. Dann können wir schon die Segel setzen. Zunächst müssen wir den Motor zu Hilfe nehmen, da der Wind genau von vorne kommt.

Wir wollen heute Kap Lindesnes umrunden. Die südlichste Ecke Norwegen.

Von da an fahren wir dann wieder nordwärts und genau dort geht der Skaggerak in die Nordsee über. Also ein historischer Schritt für uns.

Nach dem Kap, von Weitem an seinem weißen Leuchtturm zu erkennen, dreht der Wind und wir können kreuzen beim flotten „Am Wind Kurs“.

Uns kommt ein Seenotrettungskreuzer in voller Fahrt ziemlich nah entgegen. Das gibt sensationelle Action Fotos.

Kurz vor Farsund tauchen wir wieder in die Schären ein, aber auch hier können wir noch gut segeln. Vor Farsund holen wir die Segel ein und hoffen auf einen guten Liegeplatz.

Anscheinend sind wir heute zu spät dran. Um 16 Uhr liegen die Boote bereits teilweise im Dreier Päckchen nebeneinander (auch die Su!Su! ist dabei). Dazu haben wir eigentlich keine Lust. Also steuern wir den Nordhafen an. Ob da wohl noch eine Liegemöglichkeit besteht? Wir haben Glück und können vor einem englischen Schiff längsseits gehen. Die beiden Engländer sind uns auch beim Anlegen behilflich. Wasser- und Stromanschlüsse sind zwar vorhanden, aber wieder in (gefühlter) kilometerweiter Entfernung.

Heute reichen aber unsere diversen Verlängerungskabel aus und wir können mal wieder mit Strom verschwenderisch umgehen. Auch der Wasserschlauch kann verlängert werden, obwohl der als privat gekennzeichnet ist.

Das rituelle Prozedere wird umgeworfen, also kein Anleger, sondern sofort die Kleider vom Leib gerissen und in die Borddusche gerauscht.

Noch mal richtig Wasser vergeuden, die Tanks danach auffüllen. Man weiß ja nicht, wann es mal wieder vom kühlen Nass zu bunkern gibt.

Während ich dusche, läuft Andreas zum nahegelegenen COOP, um etwas einzukaufen. Dann zackzack noch mal durch Farsund geschlendert, die Stadt ist recht klein, das geht also schnell.

Wieder an Bord bereite ich das Mahl zu. Zum verspäteten Anleger gibt es Smörre Bröd mit Eismeerkrabbensalat, danach Gebratener Lachs mit Tomatensalat.

Zwischendurch erreicht mich die Hiobsbotschaft, dass der Sat Receiver eventuell nicht funktionieren wird, da die freie Sicht nach Süden durch Häuser verstellt wird. Das Spiel der Deutschen gegen Ghana können wir dann wohl nicht empfangen. Der Chef Fernsehtechniker präsentiert die Lösung aller Probleme jedoch sofort: dann verlegen wir  schnell das Schiff und gehen eben als viertes oder fünftes Schiff im Südhafen ins Päckchen.

Ich sage nichts, aber die Idee mit der Batterie nimmt weiter Form und Gestalt an.

Gott sei Dank ist der Straußeneikocher auf meiner Seite, er arbeitet fehlerfrei, wir können an Ort und Stelle bleiben.

Das Spiel geht dann knapp 1: 0 für Deutschland aus. Wir stehen somit im Achtelfinale gegen England. Das ging ja gerade noch mal gut.

Nach den fachlichen Kommentaren im TV gehen wir ins Bett, um die Batterien für einen neuen Tag aufzuladen.

 

24.Tag Donnerstag, 24.6.2010

Farsund – Kirkeham, 23 sm

Kleines Dorf mit Kirche hinter den sieben Bergen

Um acht Uhr schmeißen wir die Leinen los. Wir ziehen weiter nach Norden.

Teilweise können wir segeln, teilweise müssen wir den Motor zu Hilfe nehmen. Das Wetter ist recht gut, nur der Wind kommt wieder direkt aus Nord. Die Felsen werden allmählich höher und an Land lassen sich deutlich Bunkeranlagen aus dem zweiten Weltkrieg erkennen. Auch hier wurde anscheinend kräftig am Atlantikwall gearbeitet. Wahnsinn.

Langsam zieht es sich zu, aber wir sind unserem heutigen Ziel Kirkehamn schon nahe. Hinter hohen, schroffen Felsen liegt gut versteckt und geschützt der Hafen. Die Zufahrt ist teilweise schmal, aber immer ausreichend tief. Der Ort besteht aus einer Kirche, ein paar Häusern im Dorf, wenigen Fischern und Bootshäusern. Ein paar Ferienhäuser erweitern das Ensemble. Das ist mal wieder Beschaulichkeit rund herum.

Zunächst legen wir am Kommunalkai an, das ist Fischereihafen pur und nicht so einladend. Also tanken wir erstmal. Der Tankwart wird gesucht und aus seinem Haus geholt. Hier ist es ja nicht so weitläufig. Dann wird uns von einer, wohl auch aus dem zweiten Weltkrieg stammenden Zapfanlage, der im Durchmesser mindestens 30 cm dicke Schlauch rübergereicht. Der könnte durchaus auch die Queen Mary 2 betanken. Glück für uns, dass der Rüssel, in sicher mühevoller Klein- und Heimarbeit, mit mehreren sich verjüngenden Aufsätzen auf ein Mass reduziert wurde, das in unsere Tanköffnung passt. Dann wird der Hahn geöffnet und eine schwarze Flüssigkeit fließt in den Tank. Wir hoffen, es ist handelsüblicher Diesel und kein Schweröl. Das hatte der erste Maschinist nämlich nicht im Vorwege erörtert. Als wir den Schlauch wieder an Land gehievt haben, stellen wir fest, dass dieser wohl auch seit 1945 nicht mehr gesäubert wurde. Unsere Hände sind pechschwarz. Gut, dass wir, nicht wie sonst üblich,  unsere weiße Crewkleidung übergestülpt hatten.

Eigentlich will ich hier liegenbleiben, ein gelungener Anleger pro Tag reicht mir. Man muss seine Fortune ja nicht überstrapazieren. Aber der Skipper möchte einen anderen, vielleicht auch etwas heimeligeren Steg um die Ecke anlaufen.

Na gut, so prickelnd ist es hier wirklich nicht.

Also Leinen los, wieder alle Taue und Fender vorbereitet und rechts rein in die nächste Bucht. Da finden wir einen freien Steg und gehen dort längsseits. Auch Wasser und Strom sind in erreichbarer Nähe und das hier am Ende der Welt!

Am Ende des Stegs liegt ein uriges Restaurant „Isbua“, wer hätte das gedacht. Und geöffnet hat es auch schon seit dem 21.6. Leider ist es inzwischen wieder grau zugezogen. Dennoch machen wir uns auf ins Dorf, um dieses zu erkunden. Als wir am weitesten vom Schiff entfernt sind, fängt es an zu nieseln. Hätte ja gut gehen können.

Am Steg zurück stellen wir fest, dass noch Segler festgemacht hat, ein Deutscher, die „Ollie“ aus Borgwedel.

Wir gehen heute im Restaurant speisen: Steinbutt in Hummersauce mit Gemüse und grünem Spargel. Der Riesling als Empfehlung des Hauses ist ein leichter Fehlgriff, er ist nicht übel, kommt aber sehr süß rüber. Also nicht so unser Ding.

Als wir gehen wollen, gibt uns der Kellner einen wichtigen Tipp: Wart Ihr schon auf dem Berg dort hinten? Da gibt es noch jede Menge gut erhaltene Bunker der Deutschen aus dem zweiten Weltkrieg.

Obwohl es neblig und diesig ist, macht sich das Vartamännchen, der bekannte Bunkererforscher, noch auf den Weg dorthin. Ich bleibe lieber an Bord, um nicht schon wieder im unbequemen Gelände meine Knochen zu polieren.

Ich bekomme Besuch von der Ollie, die Schiffsfrau kommt vorbei und wir tauschen in Kürze wieder alles Elementare aus.

Dann ist der Bunkerforscher auch zurück und es gibt noch Smalltalk mit den gesamten Crews der „Ollie“ und der „Susann“.

Dann mal wieder ganz was Anderes: Fussball WM gucken.

Und dann in die Kojen.

 

25.Tag Freitag, 25.6.2010

Kirkeham- Egersund, 32 sm

Zentrum der Fischindustrie

Als wir aufstehen, legen unsere Liegeplatznachbarn bereits ab, auch sie wollen nach Egersund.

Nach einem kleinen Computerabsturz starten wir mit etwas Verspätung aus Kirkeham.

Auf dem offenen Meer steht uns dann bald eine recht hohe Welle und Wind von vorn entgegen. Um unser Ziel unter Segeln zu erreichen, müssten wir kreuzen und dementsprechend weitere Wege zurücklegen. So bewältigen wir ein Stück des Weges unter Motor, später können wir dann noch ein Stück segeln.

Das Wetter ist schlecht, teilweise Regenschauer aus anthrazit farbenen Wolken und es ist mal wieder richtig ungemütlich, selbst in dicker Schwerwetterkleidung. Gegen 13 Uhr erreichen wir die Einfahrt zum Eigersund, die Sonne kommt durch, der Wind wird schwächer. Die Segel werden geborgen und wir laufen in den Hafen ein. Längsseits gibt es keine Liegeplätze. Also bleibt nur ein Schlengel. Erstmal vorfahren, ob wir da reinpassen. Könnte knapp gehen, aber wenn es nicht hinhaut, gibt es Schrammen! Wir wollen es probieren. Fender und Leinen auf die neuen Umstände umgestellt, in die Hände gespuckt, tief durch geatmet und los.

Der zweite Anlauf klappt, auf jeder Seite sind noch 10 cm Platz. Hilfreiche Schweden nehmen die Leinen an, alles hübsch!

Mein Puls normalisiert sich, alles wird gut!

Wir verlegen noch einige Leinen, haben Strom und Wasser. Netter Hafen und Morgen findet hier ein Fischfestival statt. Super, da morgen der Wind wieder gegen uns arbeitet, werden wir hier bleiben und in Fisch schwelgen.

Zum Abendessen verzehren wir Schweinekoteletts mit Erbsen und Möhren.

Ich bin heute ziemlich müde, liege schon in der Koje, als auf einmal laute Blasmusik mit kölscher Karnevalmusik ertönt. Was ist geschehen? Alpträume ich? Nein! Ein Motorboot kreist hinter uns, mit zehn Mann Kappelle und spielt Live Mucke. In den Pausen wird sogar das Schiff aus Hamburg persönlich begrüßt. Und wir dachten, das Willkömmenhöft bei Hamburg sei einmalig!

Das hier ist doch noch viel krasser! Gute Nacht!

26.Tag Samstag  26.6.2010

Egersund, Hafentag

Fischfestival und Open Air Konzert

Nach dem gestrigen Kulturschock schlafen wir etwas länger, wir müssen ja auch nicht in See stechen. Im Gegensatz zu den benachbarten Schweden aus Göteborg, die mit sieben  Schiffen um uns herum liegen. Die haben ein flottes Programm vor sich, wollen von hier zu den Shetlands und zu den Faröern segeln. Bislang hatten sie noch den richtigen Wind abgewartet, heute soll es losgehen mit dem Flottillen segeln. Und wirklich., nach dem Briefing brechen sie alle auf. Während wir noch gemütlich frühstücken.

An der Hafenkante herrscht schon rege Betriebsamkeit. Das Fischfestival hat wohl seine Pforten bzw. Zelte und Buden geöffnet. Da wollen auch wir nach dem Rechten sehen.In der Tat werden überall schon Makrelenfilets gegrillt, Lachs gebacken, Waffeln und Schokokuchen verscherbelt und um 11 Uhr auch schon gut nach gefragt und verspeist.

Von der Turistinformation erhalten wir eine Broschüre, aus der wir erfahren, dass die besondere Geologie dieser Region hier eine ungewöhnliche Landschaft hinterlassen hat.

Geologische Prozesse, die vor 920 Millionen Jahren hier stattfanden, haben einzigartige Boden- und Gesteinsformen geschaffen. Ressourcen von Erzadern und Kaolin haben die Grundlage für Gruben und Bergbauunternehmen gegründet. Inzwischen sind viele schon viele stillgelegt. Auch der Fischfang war lange Zeit ein elementarer Wirtschaftszweig. Teilweise lagen damals bis zu 200 Fischerboote im Hafen. Heute sind es wohl kaum noch 10, wenn auch Größere. In Egersund gibt es eine im Jahr 1623 gebaute Kirche, dessen aktueller Kirchenbau von einem deutschen Baumeister stammt. das Altarbild wurde auch von einem deutschen gemalt und die Orgel wurde von einem Österreicher gebaut. So, fühlen wir uns doch wie zu Hause. Wir bummeln durch die sehr belebte Fussgängerzone. Die Schokoladenfabrik schauen wir uns besser nur von aussen an. Zurück dann also auf das Fischfestival. Hier präsentiert die Fischgenossenschaft einen Stand mit allen hier zu fischenden Arten. Leider wird auch ein Seehundbaby ausgestellt. Das macht mir die Norweger wieder unsympathisch. Wir besuchen dann noch das Schiff der norwegischen Seenotretter, das Open Ship angekündigt hatte. Anscheinend sind wir die Einzigen, die dieser Aufforderung nach kommen. Wir wollen dann auf die Brücke, weil wir müssen ja mal prüfen, ob unser AIS Signal vom Schiff ausgesandt wird. Tatsächlich es klappt, unser Schiff ist zu identifizieren. Wir kehren an Bord zurück, heute abend kehren wir zurück auf das Festival und dann wissen wir schon, was wir futtern wollen.

Das das Wetter noch bedeckt ist, verkriechen wir uns erstmal unter Deck, der Navigator prüft die Wetterdaten und ich schreibe meine Erinnerungen der letzten Woche auf.

Als die Sonne durchbricht, zieht es uns wieder aufs Deck und wir müssen, mit Entsetzen fest stellen, dass um 14 Uhr das Fischfestival abgebaut wird. Cool, dann müssen wir ja heute abend wieder selbst kochen! Parallel schwebt ein Hubschrauber über dem Hafen. Ein beeindruckendes Bergungsmanöver der Seenotretter. Wir treffen wieder die Crew der “Ollie”, die uns noch weitere Infos aus ihrer 16 jährigen Norwegenerfahrung rüberwachsen lässt. Später gehen wir einkaufen, mangels Fischfestival soll es Spaghetti Bolognese geben. Wieder an Bord bleibt noch die Zeit, ein wenig am Logbuch zu schreiben. Im Hafen legen Motorboote an und ab. das übliche Wochenendgebaren, wie wir ja inzwischen auch kapiert haben. Im Hintergrund dröhnt der Soundcheck für das abendliche Musikfestival.

Dann wird gekocht und gegessen. Leider muss die Kombüse auch wieder aufgeräumt und das Geschirr gespült werden.

Dann wird ein wenig Achtelfinale WM geschaut. USA versa Ghana.

27.Tag Sonntag  27.6.2010

Egersund, Hafentag

Deutschland gegen England im Achtelfinale

Da wir uns heute im Wesentlichen mental auf das Viertelfinalspiel am Nachmittag vorbereiten müssen, schlafen wir ein wenig länger und wandern dann am Sund entlang auf der Suche nach einer Festung aus dem Mittelalter. Die wir leider nicht finden, da sind wir wohl irgendwo falsch abgebogen. Auf dem Rückweg sehen wir bei der Kirche, dass dort heute etliche Taufen stattfinden. All die Eltern und Verwandten sind in norwegischer Tracht gewandet, ist wirklich ein hübscher Anblick. Zurück auf dem Schiff muss Andreas dann das Schiff abschrubben. Falls die Deutschen gewinnen sollten, muss ja wenigstens der Kahn auch blinken und blitzen.

Dann endlich ist es soweit, das Spiel beginnt und dies sogar phänomenal. 2 : 0 nach einer halben Stunde. Dann ein Tor der Engländer und sogar noch ein zweites, welches die Linie passiert hatte, aber nicht anerkannt wurde durch die Schiris. UFFF! In der zweiten Halbzeit legen die Deutschen noch eine Schippe drauf und “WIR” gewinnen deutlich 4 :1.

Andreas trägt das deutsche Trikot, trinkt Bitburger und trötet den ganzen Hafen zusammen, sodass etliche Schiffe aus dem Hafen fliehen. Ist mir schon ein bisschen peinlich, die Norweger sind doch eher zurückhaltend! Aber da müssen wir alle (ich und die Norweger) durch. Vielleicht finden wir ja für das Viertelfinale eine einsame Ankerbucht, wo man ungestört tröten kann.

Dann gibt es Filetsteak mit Prinzeßböhnchen und noch ein Fussballspiel zum Gucken. Der nächste Gegner wird dort ermittelt.

 

===> Fotos

 

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