Torsoya - Holmsbu

Auf nach Oslo!

9. Woche vom 27.07.- 02.08.2010

57. Tag  Dienstag, 27.07.2010

Torsoya - Grimstad, 29 sm

Sonnensegeltag

Obwohl unsere bisherigen Ankernächte ja eher unruhig waren, sind wir dieses Wagnis wieder eingegangen. Und es wird eine relativ ruhige Naht vor Anker. Sämtliche Ankeralarme haben zwar noch mal ihre Stimmen erhoben und gepiept. Der Skipper hat alles genau geprüft und festgestellt, dass wir sicher liegen. Morgens scheint wieder die Sonne. Anscheinend sind wir jetzt endlich im sonnigeren Teil Norwegens angekommen. Nun, unserer Ansicht nach haben wir auch genug Regentage gehabt, jetzt wollen wir Sommer!

Nach dem Frühstück und dem letzten Schluck Kaffee und Tee draussen im Cockpit, lichten wir den Anker. Als der endlich oben ist, hat der eine ziemliche Macke auf der rechten Seite. Die norwegischen Steine scheinen überall ziemlich hart zu sein!!! Die haben ja auch schon die Eiszeiten überstanden, da werden sie vor unserem Anker nicht einknicken

Dann tuckern wir langsam aus der Bucht, da auch hier wieder viele Steine rumlungern. Und in der Tat das Echolot zeigt mal wieder lediglich zwei Meter Tiefe und diesmal scherzt es nicht!. Aufstoppen und wieder umkehren und einen neuen Weg, dicht entlang der sichtbaren Felsen. Dort ist das Wasser tiefer und wir können passieren. Der Wind weht frisch und da er wieder von hinten kommt, setzen wir lediglich die Fock. Die Welle ist zunächst einen halben Meter hoch und wir machen zügige Fahrt. Die Sonne strahlt unvermindert und es macht Spaß bei diesem Wetter zu segeln. Als wir gerade entspannt unsere halbstündigen Steuerdienste ableisten, gibt es ein lautes Zischen und wir erschrecken. Was ist geschehen: Bei Skippers Schwimmweste hat die Automatik ausgelöst und sie hat sich selbständig aufgeblasen. Das ist natürlich urkomisch und zum Totlachen und spiegelt unser erlebtes Wetter gut wieder. Da hat die Weste in den letzten Wochen soviel Regen aufgesogen, dass sie denkt, sie schwimmt im Wasser und muss nun eifrig Leben retten. Das Teil ist schnell repariert, wir haben ja Ersatzpatronen an Bord.

Später nimmt der Wind weiter zu und die Welle wird höher. Uns macht das nichts. Nur die vielen Boote, die uns entgegen kommen und gegen Wind und Welle anstampfen, tun uns schon ein bisschen leid. Bald haben wir die Zufahrt zur Grimstad Bucht erreicht. Wir bergen die Fock und steuern mit Motor durch diverse engste Felspassagen. Da uns Unmengen von Booten entgegen kommen, kombinieren wir glasklar, dass der Hafen von Grimstad wohl leer sein müsste. Pustekuchen! Als wir in Sichtweite kommen, sind fast alle Liegeplätze belegt. Aber es turnen zwei „Parkplatzeinweiser“ rum, die uns gleich an die richtige Stelle dirigieren. Auch positionieren sich wieder viele Helferlein, die die Leinen annehmen wollen. Das tun sie auch voller Freude, ist nur wieder die Sache mit den vielen Köchen. Jeder dieser hilfsbereiten Menschen tütelt seine Leine irgendwie am Steg fest. Mit dem Ergebnis, dass uns der Wind wieder vom Steg wegtreibt. Als wir uns endlich durchsetzen können, dass wir die Leinen legen, wie wir es wollen, bekommen wir das Schiff final auch in die optimale Position.

Der Hafenmeister erzählt uns, dass dies die letzte Woche der Saison ist und dass es danach wieder deutlich ruhiger zu gehen wird. Immerhin bleibt festzustellen, dass die Hafenmeisterriege perfekt organisiert ist und sicherlich ohne Probleme mit einem noch viel größeren Ansturm zurecht kommen würde.

Wir genießen die Sonne und die Wärme im Cockpit. Am Nachmittag gehen wir noch zum Fischladen um die Ecke, um einzukaufen. Lumbfilet (heißt wirklich so) und jede Menge fangfrische Rekker (Nordmeergarnelen).

Zurück an Bord beobachten wir das muntere Treiben im Hafen, es kommen noch immer Schiffe und die Hafenmeister parken diese so gezielt ein, dass kein Tropfen Wasser zwischen den dicht gepackten Booten durch schimmert. Auch wir bekommen noch ein Schiff an unsere Seite. Der Hafenmeister ist froh, uns einen deutschen Nachbarn ins Päckchen zu legen. Dann haben wir hier das German Corner perfekt, denn vor uns liegt auch noch ein Kieler.

Die X- Yacht („Be Happy“) neben uns, kommt aus Hamburg und hat einen süssen Bordhund dabei. Ein seeerprobter Westhighland Terrier, namens  Floh. Echt niedlich. Dann noch ein wenig Small Talk, bevor wir die Vorspeise, die Garnelen mit Cocktailsauce auf der Terrasse einnehmen. Da der Wind immer kräftiger bläst und die Sonne hinter den Wolken verschwindet, muss die Hauptspeise unter Deck eingenommen werden. Es ist mal wieder empfindlich kühl geworden.

Allmählich beneiden wir doch die stolzen „Kuchenbuden“- Besitzer. Die können nämlich ihr Cockpit total dicht machen und dort dann geschützt verweilen. Im Hafen erinnert allabendlich das Geräusch sich schließender Reißverschlüsse daran, dass unseren Mitstreitern kalt wird. Aber wir sind ja keine Weicheier. In dicken Jacke gepackt können wir später noch einen Drink draussen einnehmen, bevor die ersten Regentropfen fallen.

 

58. Tag  Mittwoch, 28.07.2010

Grimstad, Hafentag

Vorbereitung auf Oslo

Heute bleiben wir in Grimstad. Wir wollen den weiteren Weg nach Oslo planen und das Schiff muss auch von Innen und Aussen geschrubbt werden. Es hat zwar Nachts geregnet, aber am Morgen ist es trocken und auch wenn der Himmel grau ist, ist es nicht soooo  kalt.

Unsere Nachbarn fahren heute ein Stück weiter, sie wollen auch noch Oslo, ergo werden wir uns sicher noch mal irgendwo über den Weg segeln.

Am späten Vormittag bricht die Sonne durch und innerhalb kürzester Zeit ist der Himmel wolkenlos blau. Wir erledigen noch ein paar Besorgungen, dann sind wir zurück auf dem Schiff. Der putzzwanghafte Ämterhäufer will dann sofort das Schiff von Grund auf reinigen. Ich würde gerne die Sonne ein bis zwei Stunden im Cockpit geniessen, keine Chance: Es wird sofort begonnen. Ich sperr mich dann unter Deck ein und darf bei molliger Wärme und hoher Luftfeuchtigkeit aufs gründlichste Putzen. Cheffe draussen sieht wenigstens die Sonne und kann sich mit dem Wasser aus dem Schlauch abkühlen. Nach zwei Stunden bin ich unter Deck fertig und möchte mich kurz abkühlen. Kaum hab ich meinen Kopf an die Luft gesteckt, tönt es übers Deck:  „Wenn Du nichts zu tun hast, dann kannst Du gleich mal alles nachpolieren!“ Klar, mach ich gerne, die Sonne hat sich eh verzogen. Das Deck trocknet leider so langsam, dass wir nicht mal draussen trockenen Hinterns unseren Sundowner einnehmen können.

Pünktlich zum Abendessen setzt der Regen ein, endlich dürfen wir wieder im Salon essen. Weil sie so lecker sind, gibt es heute noch mal jede Menge Nordmeer Garnelen, diesmal mit selbstgemachter Cocktailsauce.

Nach dem Dinner können wir unter der Sprayhood geschützt noch ein wenig draussen hocken.

 

59. Tag  Donnerstag, 29.07.2010

Grimstad - Risoer, 41 sm

Segeln bei Schmuddelwetter

Wir stehen um 7 Uhr auf, frühstücken und verabschieden uns von den Kieler „Jungs“, die vor uns liegen und auch hier einen Ruhetag eingelegt hatten. Nun sind auch sie wieder heiß aufs Segeln. Sie sitzen beim Frühstück, etwa eineinhalb Toastbrote (in Scheiben) vor sich aufgestapelt, als ich an Deck komme. Sie möchten wissen, wann wir denn aufbrechen wollen. Ich kann sie beruhigen, dass wir weg sein werden, bevor sie ihr Brot aufgefuttert haben. Und wir stehen zu unserem Wort.

Da dachten wir nun, dass das Wetter an der norwegischen „Riviera“ besser wäre. Ist leider ein Irrtum, heute Morgen ist es dunkelgrau, es regnet aber noch nicht.

So können wir im Trockenen ablegen. Nicht viel später fallen die ersten Tropfen, sodass wir nach dem Segelsetzen auch gleich die Schwerwetterkleidung überziehen. Auf dem Weg nach Risoer, durch die inneren Schären, müssen wir sehr vorsichtig navigieren. Es sind unheimlich viele Schiffe in allen Richtungen unterwegs. Da sind Überhol- oder Ausweichmanöver zwischen engen Felspassagen gut zu überlegen. Später haben wir dann umlaufende Winde, sodass wir die Segel einpacken und im heftig strömenden Regen nach Risoer laufen. Auch hier sind schon wieder verdächtig viele Schiffe in unserer Richtung unterwegs. Das lässt vermuten, dass der Hafen voll sein könnte. In der Tat es ist proppevoll.

Dann müssen wir wohl ins Päckchen gehen. Viele der Längsseitslieger haben vorsichtshalber ihre Beiboote neben sich geparkt. Die wollen niemanden neben sich! Und verbal wird uns auch verklickert, warum es gerade heute nicht so gut passt.

Wir finden glücklicherweise einen Platz neben einer Hamburger Najad, die sogar zwei einladende Fender für eventuelle Päckchenlieger ausgebracht hat. Als wir dort anlegen, kommt auch niemand erschreckt von unter Deck, um Schrammen und Dellen an seinem Boot zu verhindern. Sind die Eigner wohl gar nicht da? Wir machen fest und sind froh, dass wir hier noch einen Liegeplatz gefunden haben. Und wir schwören uns, dass wir in Zukunft Päckchenlieger immer und ohne Murren aufnehmen werden. Wir haben ja nun selbst erlebt, wie es ist, mit durchsichtigen Ausreden oder durch Abducken unter Deck abgewiesen zu werden.

Den Anleger können wir gerade eben unter der Sprayhood trinken. Bevor die Getränke zu sehr vom Regen verwässern, verstecken wir uns lieber mal wieder unter Deck. Schade, dass wir bei diesem Dauerregen nicht das Städtchen besuchen können.

Dann müssen wir uns halt einkuscheln und die Heizung zwecks Sommerlaune mitlaufen lassen.(Achtung, es ist immer noch Ende Juli!!!) Zum Lachs gibt es heute geschmorten grünen Spargel. Ein kleines Licht am Horizont.

Nachdem der Straußeneierkocher sich nun seit der WM in seiner Kabine ausruhen konnte, wird er heute endlich mal wieder und wie üblich im strömenden Regen positioniert. Er soll uns die Leichtathletik WM aus Barcelona auf den Bildschirm zaubern und auch zeigen, wie Sonnenschein und Sommerwärme aussehen können. Hätten wir einen DVD Player an Bord, würden wir sicher schon sehr oft die Kaminfeuer DVD abgespielt haben. Noch eine gute Nachricht erhellt den trüben Abend: Schalke hat Raul, den spanischen Nationalspieler von Real Madrid, per sofort verpflichtet. Da wird der wetterdepressive Cheffe doch glatt wieder kommunikativ und babbelt den restlichen Abend immer „RAAUUUL! RAAUUUL! RAAUUUL!“ vor sich hin. Klar, dass auch mal wieder die Deutsche Meisterschaft anvisiert wird. Und ein Schalke Trikot mit der Nummer 7 und Raul Aufschrift muss her.

 

60. Tag  Freitag, 30.07.2010

Risoer - Stavern, 35 sm

Geisterschiffe mal hier, mal da.

Als wir um 7 Uhr aufstehen, hat der trommelnde Regen aufgehört. Es ist aber mal wieder dunkelgrau und Wolken verhangen. Ein schnelles Frühstück und dann machen wir uns segelklar. Kann ja sein, dass unsere Nachbarn auch rechtzeitig aufbrechen wollen. Kurz hatten wir gestern noch eine Frau von diesem Schiff getroffen, die berichtete, dass sie in 14 Tagen über Oslo zurück nach Kiel wollen. Ist ja klar, dass die dann ein wenig voran machen müssen. Als wir unsere Leinen einholen und ablegen, regt sich dort an Bord noch immer nichts, alle Vorhänge sind noch zu.

Na ja, das ist ja wirklich nicht unser Problem. Aber ein bisschen was von einem Geisterschiff hat das Ganze schon. Schnell machen wir uns vom Hof und setzen die Segel. Die Schwerwetterkleidung haben wir schon wieder an. Eigentlich müssten wir die gar nicht mehr ausziehen!

Bei 4 Windstärken segeln wir hoch am Wind flott voran. Eine kleine Regatta bahnt sich an. Vor uns segelt eine Hanse Yacht und von hinten naht eine 57 er Najad. Gegen diese haben wir keine Chance, die ist doch etwas zu groß. Andreas hat heute mal wieder seinen „Deligiertag“. Er übernimmt das Ruder, damit ich meine halbstündige Pause machen kann. Kaum hocke ich im Trockenen geht es los: es wird wieder getrimmt. Die Segel werden immer wieder verstellt. Dann muss ich unter Deck- die Trimmscheibe hochholen, dann noch mal im Buch was nachschauen usw. usw. Wir müssen ja irgendwie noch schneller werden. Endlich ist meine Pause vorbei, da kann ich am Steuer etwas verschnaufen.

Bislang nieselte es nur, gegen Mittag dann sehen wir Pech schwarze Wolken aufziehen. Da es sich um Schauer- oder gar Gewitterboen handeln könnte, verkleinern wir vorsichtshalber die Segelfläche. Schon prasseln dicke Regentropfen auf uns nieder und der Wind frischt mächtig auf. Und schon sind wir wieder triefend nass. Der Schauer ist schnell vorbei und der Wind trocknet die Klamotten schon mal etwas an. Gegen 15 Uhr laufen wir auf unseren Zielhafen zu. Die Riesen Najad ist schon fest und sicher am Steg. Wir orientieren uns und entscheiden uns für einen Liegeplatz an einer Heckboje. Der Anleger klappt gut und als endlich alles an Bord aufgeräumt und die Segel eingepackt sind, kommt die Sonne hervor. Herrlich, dann können wir die nassen Klamotten auch noch zum Trocknen ausbreiten. Und den Anleger geniessen wir im Freien. Am Nachmittag herrscht hier im Hafen ein reges Kommen und Gehen. Ist wieder spannend zu beobachten. Später nehmen wir eine Dusche. Da es hier am Steg Wasser und Strom satt gibt, müssen wir nicht mit dem flüssigen Nass und mit Energie sparen. Was nicht so viel Spaß macht, ist das Schrubben und Trocknen der Nasszelle nach dem „Schaumbad“. Aber die öffentlichen Sanitäreinrichtungen hier im Hafen sind keine appetitliche Alternative.

Zum Abendessen gibt es eine Hühnchenpfanne mit Basmatireis. Schmeckt vorzüglich! Schwer fällt es immer, nach dem Essen aufzustehen und dann den Abwasch zu erledigen und die Kombüse wieder auf Hochglanz zu bringen. Langsam befällt einen doch die Sehnsucht nach der schönen, sauberen Dusche und der immer fleissigen Geschirrspülmaschine daheim.

Abends dann noch ein wenig Leichtathletik, das frische Brot aus der Backmaschine nehmen und diese dann auch noch mal saubermachen.

Kein Wunder also, dass wir kaum, dass wir frühzeitig in den Kojen liegen, im Tiefschlaf versinken. In den Morgenstunden werden wir des Öfteren wach, weil die Leinen mächtig scheuern und knarren. Der Wind hat aufgefrischt und der Boot schaukelt kräftig hin und her.

 

61. Tag  Samstag, 31.07.2010

Stavern, Hafentag

Abwettern in Stavern

Ganz erstaunt bemerken wir, dass in der Nacht (während unserer Tiefschlafphase) ein recht grosses Segelschiff neben uns festgemacht hat. Es muss sich regelrecht in die Lücke gequetscht haben und an „unserer“ Heckboje hat es auch noch festgemacht! Und wir haben absolut nichts davon mitbekommen! Also schon wieder ein Geisterschiff. Und die Gestalten von diesem Boot, die sich am späten Vormittag ans Tageslicht wagen, sehen auch eher wie Gespenster aus. Diese Theorie wird dadurch bestätigt, dass sie auch nicht kommunizieren, weder mit uns noch miteinander. Da wir heute eine angesagte Schlechtwetterfront im Hafen abwettern wollen, lassen wir es heute morgen ruhig angehen. Nach dem Frühstück scheuert und poliert Andreas die Fender gründlich, die vom Anlegen an schwarzen Reifen total schmutzig geworden sind. Ich nutze die „Freizeit“, um das Kühlfach zu säubern.

Inzwischen sind einige Schiffe ausgelaufen, auch die Najad 57 macht sich startklar. Der Skipper sieht übrigens aus wie das Double von Gunter Sachs, inzwischen titulieren wir ihn liebevoll „ Gunter“ . Natürlich auch, weil wir dieses Schiff schon seit Grimstad „kennen“, das verbindet zweifellos.  Danach begeben wir uns auf Erkundungstour durch das Dorf, solange es noch einigermassen trocken ist. Hier gibt es eine Kriegschiffwerft aus dem 17. Jahrhundert, die unter König Frederik (dem Dänen ) aufgebaut wurde und noch gut erhalten ist. Hoch über den Schären thront ein Monument, wo den im Krieg gefallenen Seehandelsleuten gedacht wird.

Die Aussicht über das Umland mit dem Meer und den weit reichenden Schären ist unglaublich. Leider nicht so schön, wie es im Sonnenschein sein könnte. Stavern ist übrigens einer der sonnenreichsten Orte in Norwegen! Kaum rollen wir an, versauen wir denen wieder einmal die Quote. Der Ämterhäufende ist eben auch der Regenmacher! Herzlichen Glückwunsch- wir haben noch so einige „Sonnen“- Orte auf dem Programm, die werden sich über unseren Besuch gewiss ausserordentlich freuen. Auf dem Heimweg machen wir noch ein paar Besorgungen.

Wir sind doch immer wieder erstaunt, wie teuer eigentlich hier alles in Norwegen ist. Die Lebenshaltungskosten sind um einiges höher als in Deutschland.

Nachmittags verschanzen wir uns unter Deck, es windet und regnet heftig. Glücklicherweise fängt Fußballbundesliga an: der Liga Pokal läuft und S04 spielt gegen den HSV. Da stört das schlechte Wetter gar nicht mehr. Erst recht nicht nachdem das Ergebnis feststeht: S04 gewinnt 2:1. Nun habe ich gar nichts mehr zu sagen.

Gegen Abend nimmt der Wind immer mehr zu, wir werden selbst im Hafen kräftig durchgeschüttelt. Es gelingt uns noch gerade Schweinekarbonaden mit Zuckermöhren zuzubereiten bevor die Kombüse wegen Seegangs geschlossen werden muss. Da es kräftig regnet, können wir uns nur unter Deck aufhalten und bekommen so gar nicht mit, was sich draussen  so alles abspielt. Als wir Dieselgeruch wahrnehmen, stürmen wir raus. Und was passiert: Der im unserem Hafen stationierte Seenotrettungskreuzer ist ausgelaufen, um ein Motorboot von der Promenadenpier abzubergen. Dieses war dort durch den Sturm auf die Steinkaimauer gedrückt worden und kam nicht mehr alleine frei. Der SAR nimmt das Boot längsseits und schleppt es in den inneren Hafen. Ein anderes Motorboot, welches an einer Boje lag und wie wild umher tanzte in den immer höher werdenden Wellen, kommt aus eigener Kraft hinterher und sucht auch den Schutz des Hafens.

Dennoch sind noch etliche Ankerlieger in der Bucht vor dem Hafen. Diese werden bei nunmehr 7-8 Bft auf kräftigste gebeutelt. Mit denen möchten wir auf keinen Fall tauschen. Auch wir überprüfen mehrfach unsere Leinen und legen noch eine Achterleine bereit. Falls unsere reißen sollte, springt der Cheffe eben mal schnell ins Wasser und macht halt eine neue an der Heckboje fest. Sollte die Heckboje nicht halten, rufen wir den Seenotretter herbei. Der hatte zwar dieses Wochenende schon genug Einsätze, aber dafür „wohnen“ sie ja gleich um die Ecke.

Der Wind bläst weiterhin stark und auch der Regen prasselt unvermindert hernieder. Aber die Leinen und Bojen halten, sodass wir auch noch eine Mütze voll Schlaf abbekommen.

 

63. Tag  Sonntag, 01.08.2010

Stavern – Verdens Ende, 16 sm,

Zum Ende der Welt

Wir erwachen im Bewusstsein, dass der Wind ein wenig nachgelassen hat. Ergo schaukelt das Schiff weniger. Auch der Regen ist vorbeigezogen. Zeit also die Zelte in Stavern abzubrechen. Gleich nach der Hafeneinfahrt setzen wir die Fock. Der Wind weht immer noch recht kräftig mit 5 Bft. Und auch die Welle ist nicht ohne, ca. 2-3m hoch.

So machen wir eine echte Sausefahrt über die Wellen hinweg. Ab und zu müssen wir zwischen Felsen und Flachs hin durch navigieren. Aber es ist doch ein eher ruhiger Sonntagvormittag. Da wir so schnell unterwegs sind, sind wir blitzschnell vor unseren Zielhafen Verdens Ende. Das ist wirklich so etwas wie das Ende der Welt. Eine entlegene Ecke am Beginn des Oslofjords. Hier sind die Felsen eher kahl und karg. Sehen im mittlerweile überwiegenden Sonnenschein fast golden schimmernd aus.

Wir bergen das Segel, denn die Zufahrt zum Hafen wird noch mal ganz heikel: Wir müssen eine etwa 15 m breite und nur 3 m tiefe Zufahrt zwischen Felsen und Steinen erwischen. Das ist bei dem Seegang und dem Schwell vor diesem Nadelöhr mal wieder ganz schön aufregend. Froh sind wir aber dennoch, als wir da hindurch sind. Im Hafen müssen wir dann noch Fender und Leinen umsetzen, da für uns noch eine Lücke an Backbord frei ist. So drehen wir ein paar Runden, dann wird angelegt. Auch heute sind wieder Horden von Helfern unterwegs, aber wir setzen uns gleich von vornherein durch und das Manöver klappt auf kleinstem Raum. Danach Zeit sich umzusehen. Wir sind wirklich an einen idyllischen Ort geraten. Zwar sind hier noch Scharen von Touris unterwegs, aber der landschaftlichen Schönheit und Wildheit tut dies keinen Abbruch. Als wir über die Felsen klettern, bietet sich uns ein gigantischer Ausblick über den Skagerrak und den Oslofjord. Bei der kleinen Fischfangflotte im Hafen kaufen wir mal wieder fangfrische Nordmeergarnelen. Der Menüplan mag ja momentan etwas einseitig sein, aber uns schmeckt es. Der einzige Nachteil ist, dass man 1 kg Garnelen erst mal pulen muss, eh man sie futtern kann. Eine echte Fleißarbeit. die eine Stunde knapper Freizeit verschlingt.

Der angekündigte Regen ist bislang ausgeblieben, aber durch den immer noch strammen Wind ist es heute auch in der Sonne recht kühl.

Die Garnelen schmecken vorzüglich und den Sundowner können wir tatsächlich warm angezogen im Freien verschnasseln.

Dann geht es nicht allzu spät ins Bett, weil Morgen müssen wir früh weiter.

 

64. Tag  Montag, 02.08.2010

Verdens Ende - Holmsbu, 40 sm,

Ein unerwartet weiter Weg

Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Ein schnelles Frühstück und schon sind wir klar zum Ablegen. Die Sonne scheint und wir freuen uns über die leichte Wärme, die sich ausbreitet. Noch im Hafen verpacken wir Fender und Leinen, bevor wir wieder höchst konzentriert durch das enge Nadelöhr aus dem wunderschönen Hafen schlüpfen. Wie wir inzwischen heraus gefunden haben, bedeutet Verdens Ende, für die Osloer das Ende der Welt. Just südlich von hier beginnt nämlich der gefürchtete Skagerrak, der „sichere“ Oslofjord ist zu Ende.

Schnell setzen wir die Segel und anfangs bläst ein vierer Wind, der später auf 5 Bft auffrischt. Da der Wind von achtern kommt, können wir zunächst tatsächlich mal im T- Shirt segeln. Das Glück hatten wir bislang erst ein- oder zweimal.

Wir fahren durch die Schären und besegeln die westliche Seite des Oslofjordes. Wir wollen heute nach Horten, ein Hafen, der als auf hohem Niveau ausgestatteter Gästehafen mit reichlich Plätzen im Hafenhandbuch beschrieben wird. Auf dem Weg dorthin rückt die Zivilisation wieder um Einiges näher. Frachtschiffe sind unterwegs, eine Ölraffinerie liegt am Ufer und zahlreiche Schnellfähren hetzen vom West- zum Ostufer.

Hinter dem Fähranleger befindet sich Horten. Der Wind pustet kräftig und auch die Welle ist unangenehm geworden. Auch diese Hafenzufahrt ist nicht gerade breit, aber wir haben etwas mehr Wasser unter dem Kiel als gestern. Der Hafen ist auf den ersten Blick enttäuschend und auch auf den Zweiten bietet er uns kein passenden Liegeplatz. Wir drehen ein paar Ehrenrunden und probieren die Tiefe hier und da aus. Dann entscheiden wir spontan, dass wir wieder abhauen. Also wieder raus in Wind und Welle. Ich steuere erstmal auf den Fjord hinaus. Andreas sucht einen neuen geeigneten Hafen. Der ist dann schnell gefunden, der Kurs wird gesteckt und schon segeln wir unter Fock bei achterlichem Fünfer Wind in einen Nebenfjord nach Holmsbu. Das sind noch einmal 15 sm mehr, die wir jetzt am Nachmittag bewältigen müssen. Wir kommen aber zügig voran, müssen allerdings noch einmal die Regenklamotten überziehen, da uns eine Schauerfront erwischt. Kurz vor dem Ziel gibt es noch einen Gästesteg an einem Hotel, den wir uns anschauen, aber auch dort ist kein Plätzchen für uns. Schade, sonst hätte man dort den SPA benutzen können. Und ein Boblebad (norwegisch für Whirlpool) haben die auch.

Wir fahren dann noch etwas weiter in den Fjord hinein, hier soll es laut unserem norwegischen Hafenhandbuch einen Hafen geben, der 2008 erweitert wurde. Und tatsächlich, nachdem wir noch eine Untiefe umschifft haben, können wir Holmsbu anlaufen. Wir legen längsseits an einem Schwimmsteg an. Es sind keine Touris unterwegs, anscheinend stören wir hier nur die Einheimischen! Schnell sind wir fest, es ist ja schon relativ spät durch unsere längere Route geworden. Die Sonne hat sich noch mal durchgesetzt, die letzten Strahlen wärmen uns wieder auf. Heute lässt sich die Dusche nicht vermeiden, es wird endlich mal wieder gewellnesst. Dann werden Pellkartoffeln gekocht, die wir mit eingelegten Heringen und Dosenfisch servieren. Nach dem Abwasch hocken wir noch ein wenig draussen, der Ort ist wirklich tausend Mal schöner als Horten.

 

===> Fotos

 

 

 

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